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Archiv-Artikel

El Masris Fall bleibt weiter unklar

Wusste die deutsche Botschaft in Skopje von der Entführung? Der BND-Ausschuss forscht

BERLIN taz ■ Der BND-Untersuchungsauschuss des Bundestages befasste sich in seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause mit sperrigen, aber dennoch wichtigen Details des Entführungsfalles Khaled El Masri. Im Kern ging es um zwei brisante Fragen: Wusste die Bundesregierung bereits Anfang 2004 davon, dass der Deutschlibanese El Masri am Silvestertag 2003 in Mazedonien festgenommen und drei Wochen später vom CIA nach Afghanistan verschleppt worden war? Und wenn sie es nicht wusste – warum unternahm sie selbst dann nichts, als der frühere Innenminister Otto Schily vom damaligen US-Botschafter Daniel Coats in einem Gespräch am 31. Mai 2005 über das Schicksal des deutschen Staatsbürgers El Masri informiert worden war? Auf beide Fragen erhielt der Ausschuss trotz stundenlanger Zeugenbefragung keine klaren Antworten.

Mit Hilfe des früheren Mazedonien-Botschafters Werner Burkart und des stellvertretenden Personalchefs des Auswärtigen Amtes, Friedo Sielemann, konnte nicht geklärt werden, ob die deutsche Botschaft in Skopje über El Masris Festnahme unterrichtet war. Burkart berichtete von privaten Gesprächen mit dem früheren Telekom-Manager in Mazedonien, Wolf-Dietrich Mengel. Dieser habe ihm geschildert, wie er im Januar 2004 die deutsche Botschaft über die Festnahme eines Deutschen telefonisch informiert habe. Man habe ihm jedoch gesagt, der Vorgang sei bekannt, er brauche sich nicht zu kümmern. Mengel habe sich „abgewimmelt“ gefühlt. Dass es sich bei dem Deutschen um El Masri handelte, sei dem Manager durch entsprechende Medienberichte erst zwei Jahre später klar geworden.

Der Personalchef des Auswärtigen Amtes zog diese Darstellung in Zweifel. Ein „Abwimmeln“ sei bei einer so brisanten Information nicht vorstellbar. Seine interne Überprüfung des Vorgangs habe ergeben, dass sich niemand an dieses Telefonat erinnere. Er räumte allerdings auch ein, nicht alle Mitarbeiter der Botschaft befragt zu haben, sondern nur diejenigen, die mit einer möglichen Befassung des Falles betraut worden wären. Sielemann selbst gab an, er habe „große Zweifel, dass dieses Gespräch überhaupt stattgefunden hat“. Er sieht allerdings auch „keine Anhaltspunkte“ dafür, dass der Telekom-Manager den Anruf erfunden habe.

Beim dritten Zeugen des Tages kam es wieder einmal zum Streit über die Frage der Geheimhaltung. Gerhard Schindler, Referatsleiter im Bundesinnenministerium, hatte zunächst in allgemeinen Worten über das Treffen Schily/Coats, an dem er selbst teilgenommen hat, berichtet. Er hatte erwähnt, dass der amerikanische Botschafter mehrfach darum gebeten habe, die Informationen des Gesprächs vertraulich zu behandeln. Schon auf die Frage, ob Schily diesen Wunsch einfach hingenommen habe, berief sich der Referatsleiter auf die Grenzen seiner Aussagegenehmigung in öffentlicher Sitzung. Der Ausschuss wollte das nicht so ohne weiteres akzeptieren. Er brach die Sitzung ab und schickte alle weiteren Zeugen nach Hause. Die Frage des Geheimnisschutzes will er bis zur nächsten Sitzung klären. JENS KÖNIG