: „Eine Bischöfin ist derzeit unvorstellbar“
FRAUEN Die Öffnung der Kirche ist „noch ausbaufähig“, sagt Frauenbund-Chefin Maria Flachsbarth
■ 51, ist Präsidentin des Katholischen Deutschen Frauenbunds. Hauptberuflich arbeitet die CDU-Politikerin als Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.
INTERVIEW SIMONE SCHMOLLACK
taz: Frau Flachsbarth, seit der Wahl Franziskus’ zum Papst ist die Rede von Veränderung in der katholischen Kirche. Jetzt hat die Deutsche Bischofskonferenz einen neuen Vorsitzenden gewählt. Was erwarten Sie von Reinhard Marx?
Maria Flachsbarth: Er sollte offen sein und auf Menschen zugehen. Er sollte sich ihren Sorgen zuwenden.
Ist für Sie eine Frau auf diesem Posten vorstellbar?
Derzeit nicht. Aber der Katholische Frauenbund setzt sich für ein Weiheamt für Frauen ein.
Mit welchem Erfolg?
Wir werben und beten dafür. Aber die katholische Kirche ist in ihrer Hierarchie männlich dominiert. Frauen sind wichtig, Gemeindearbeit wäre ohne sie nicht mehr möglich.
Für die sie teilweise nicht einmal bezahlt werden. Entscheiden dürfen Frauen nichts.
Daher fordert der Katholische Frauenbund mehr Frauen in Führungspositionen jenseits des Weiheamts. Hier geht die Kirche schon erfreuliche Schritte. So gibt es in Regensburg mit Gabriele Zinkl eine Offizialatsrätin …
… die Chefin einer kirchlichen Behörde …
… das wäre vor Jahren völlig unvorstellbar gewesen. Das ist aber noch ausbaufähig.
Die katholische Kirche ist vor Jahren aus der Schwangerschaftskonfliktberatung ausgestiegen. Was wiegt schwerer: die katholische Lehre oder die Nöte von Frauen?
Die Frage ist eher: Wie gehen wir um mit der Tatsache, dass es in unserer Gesellschaft Abtreibung gibt. In der katholischen Kirche wird das kontrovers diskutiert. Viele sagen: Wir können ein Nein zum ungeborenen Kind nicht akzeptieren. Dann gibt es aber auch katholische Laien und wir als katholischer Frauenbund, die das differenzierter sehen: Es sollte alles getan werden, damit sich Eltern, insbesondere Frauen, für ihr Kind entscheiden. Und wenn sie das nicht können, dann müssen wir mit Bedauern akzeptieren, dass sie nach einer ausführlichen Beratung nach deutschem Recht abtreiben dürfen.
Was ist mit der Pille danach?
Wir vertreten die Einnahme als Notfallverhütungsmittel, die einen Eisprung und damit die Entstehung einer Schwangerschaft verhindern soll.
Die Familienumfrage des Vatikans hat kürzlich ergeben, dass sich Katholiken herzlich wenig um die katholische Lehre scheren: Sie haben Sex vor der Ehe, sie verhüten.
Es gibt eine Diskrepanz zwischen Lehrmeinung und Lebenswirklichkeit, das stimmt. Auf der anderen Seite muss man aber auch feststellen, dass sich auch junge Menschen nach Liebe, Treue, Geborgenheit und nach anhaltenden Beziehungen sehnen.
Das eine muss das andere nicht ausschließen.
Im Herbst gibt es eine Familiensynode. Ich hoffe, dass lebensweltliche Impulse dann in die Lehre einfließen.
Was raten Sie Ihren Söhnen in Liebes- und Sexdingen?
Ich sage ihnen, dass Sex kein Sport ist, sondern Ausdruck einer tiefen menschlichen Beziehung sein sollte. Dass man mit Frauen nicht mal eben eine nette Stunde haben sollte, sondern dass Frauen das Recht haben, in ihrer Würde als Person anerkannt zu werden.
Geschiedenen Katholiken werden die Sakramente verweigert. Wie sagt Ihr Verband dazu?
Die Ehe ist ein lebenslanges Versprechen. Wir anerkennen aber die Tatsache, dass Paare scheitern. In dieser schweren Zeit sollten die Menschen nicht allein gelassen werden, Sakramente sollten für sie weiter zugelassen sein. Aber nicht pauschal, jeder Einzelfall sollte geprüft werden.
Hat die Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff Recht, wenn sie Retortenbabys ablehnt?
Es ist Unfug, Kinder, die mit technischen Hilfen entstanden sind, zu verurteilen. Gleichwohl gibt es kein Recht auf ein Kind, auch keins auf ein gesundes Kind. Lifestyle-Reproduktionsmedizin lehnen wir ab. Und manchmal muss man Situationen so akzeptieren, wie sie sind. Dazu kann auch Kinderlosigkeit zählen.
Ist ein guter Katholik nur jemand, der jeden Sonntag in die Kirche geht?
Ich schaffe es zeitlich leider nicht jeden Sonntag in die Kirche. Das finde ich schade, weil ich dort die Ruhe finde und sich die Wichtigkeit so mancher Alltagsprobleme relativiert.