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Archiv-Artikel

„Ich finde Marx nicht angestaubt“

BEWEGUNG Andrea Ypsilanti, SPD, will eine gesellschaftliche Hegemonie für gerechte Bildung

Andrea Ypsilanti

53, hessische SPD-Landtagsabgeordnete, ist Mitbegründerin des Instituts Solidarische Moderne.

taz: Gibt es beim Thema Bildung die meisten rot-rot-grünen Gemeinsamkeiten?

Andrea Ypsilanti: Im Bildungsbereich haben wir eines der größten Probleme, das es zu lösen gilt. Im Moment geht es bei Bildung nur um Vermittlung von Fachwissen, alles ist durchökonomisiert. Wir müssen uns wieder die Frage stellen: Was bedeutet Bildung in der Demokratie? Wie können wir sicherstellen, dass jeder an Bildung teilhaben kann? Dass es nicht nur um reine Fakten und Fähigkeiten für den Arbeitsmarkt geht, sondern auch um die Herausbildung von emanzipierten, kreativen Menschen?

Aber es geht auch darum, dass sich die drei Parteien gegenseitig befruchten?

Unser Institut ist nicht nur eine Drei-Parteien-Angelegenheit. Es sind auch Zivilgesellschaft, kritische Wissenschaft und Gewerkschaften beteiligt. Denn grundsätzlich ist das Ziel, für diese alternative Bildungs- und Gesellschaftspolitik eine gesellschaftliche Hegemonie herzustellen.

Sie wollen die Basis gewinnen. Aktive aus dem Bildungsstreik sind aber kaum beteiligt.

Sie sind dabei, wir haben ja über 300 Anmeldungen, aber weniger Studierende als erwartet. Das ist schade, aber vielleicht auch verständlich. Gegen den Bologna-Prozess wurden große Proteste auf die Beine gestellt. Aber was ist daraus geworden? Es gibt da eine große Frustration, weil sie mit ihrem berechtigten Anliegen politisch und gesellschaftlich nicht weit genug durchdringen konnten. Es zeigen sich noch keine nachvollziehbaren Konsequenzen.

Hat die SPD keine bildungspolitischen Ideen mehr, wenn Sie jetzt Rat bei anderen Parteien und Bewegungen holen?

Die hessische SPD hat für die schulische Bildung ein ganz hervorragendes Konzept. 2008 haben wir unter anderem auch deshalb so gut abgeschnitten, weil wir damit überzeugt haben.

Institut Solidarische Moderne

■  Das Institut ist ein parteienübergreifender Thinktank von Grünen, Linkspartei und SPD. Die ehemalige SPD-Spitzenkandidatin Ypsilanti, Linksparteivize Katja Kipping und VertreterInnen zivilgesellschaftlicher Institutionen gründeten es im Januar. Am Wochenende findet eine Summer-School zu alternativer Bildung statt

Am Wochenende soll ein Manifest verabschiedet werden. Das klingt irgendwie nach Marx und etwas angestaubt.

Ich finde das nicht angestaubt. Ich finde auch Marx nicht angestaubt. Das Erarbeitete muss aber dokumentiert werden. Wir sind außerdem sehr aktuell aufgestellt: Aus den Workshops heraus wird getwittert.

INTERVIEW: NIKLAS WIRMINGHAUS