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Archiv-Artikel

Für alle Fälle Viagra

Der Wochenendkrimi: Nach zehn Jahren Pause kehrt „Für alle Fälle Fitz“ zurück. Die neue Folge „Nine Eleven“ (So., 22.15 Uhr, ZDF) besticht durch eine subversive Annäherung an den „War on Terror“

Von Christian Buss

Fitz ist wieder da. Nach knapp zehn Jahren Langeweile in Australien kehrt der Polizeipsychologe (Robbie Coltrane) zur Eheschließung seiner Tochter nach Manchester zurück. Als Höhepunkt der Feierlichkeiten beleidigt er den Bräutigam; zuvor hat er schon mit seinen Ausführungen zum Thema 9/11 für Verstörung unter den Hochzeitsgästen gesorgt. Fitz bemängelte die fehlende Dramaturgie der Terroranschläge. Erst das World Trade Center, dann das Pentagon, schließlich der Absturz eines einzelnen Fliegers – andersrum hätten die Attentate seiner Meinung nach doch einen besseren Spannungsbogen ergeben.

Fehlende Dramaturgie hin oder her: Die Folgen der Anschläge flirren in diesem Krimidrama unentwegt über die Fernsehbildschirme in Kneipen und Schlafzimmern, überall sieht man Nachrichtenbilder aus dem Irak. Von denen wird auch die Psychose des Polizisten Kenny (Anthony Flanagan) angeheizt, der einst bei den Briten in Nordirland diente und dort mit ansehen musste, wie zwei Soldaten in einem Hinterhalt umkamen. Jetzt wohnt der Feind in Kennys eigenem Körper: Mit bloßen Händen bricht er zwei Menschen das Genick, bevor er sich zur Mutter seiner Kinder ins Bett legt, um mit ihr zu kuscheln. Die Opfer waren Amerikaner; einem der beiden erklärte er vor der Exekution: „Ich will Rache für jeden Briten, der in Nordirland durch Waffen starb, die von amerikanischen Dollars gekauft wurden.“

Die Erzähltechnik dieser Comeback-Folge um den mürrischen Profiler Fitz muss man subversiv nennen: Als 9/11-Reflexion zum fünften Jahrestag der Anschläge ins Programm gehoben, dient der aktuelle „Krieg gegen den Terror“ hier als Trick, um von den längst noch nicht abgearbeiteten Altlasten eines anderen „Kriegs gegen den Terror“ zu erzählen. Beachtlich, wie Regisseurin Antonia Bird und „Fitz“-Stammautor Jimmy McGovern, die zuvor schon für „Der Priester“ zusammenarbeiteten, trotz des Sperrfeuers aktueller Irakimpressionen den Fokus langsam auf die verdrängte Paranoia richten, die noch aus dem Nordirlandkonflikt resultiert. Dass sie beim Sichvortasten in die britische Kollektivseele nicht genügend auf Distanz zum verqueren Antiamerikanismus des Psychopathen gehen, muss man da vielleicht ebenso hinnehmen wie den arg einfach gestrickten Ermittlungsplot, durch den Dr. Edward Fitzgerald dem Täter auf die Schliche kommt.

Auch war es wohl unvermeidlich, dass sich nach fast zehn Jahren Sendepause die schillernde Psychologenfigur in den Vordergrund schiebt. Doch immerhin wird Fitz’ Rückkehr dafür genutzt, vom gesellschaftlichen Wandel im aufpolierten Manchester zu erzählen. Die nachtschwarzen Impressionen stammen übrigens vom jungen deutschen Kameramann Florian Hoffmeister, der bereits im Wiedervereinigungsdrama „Berlin is in Germany“ einen Menschen nach zehnjähriger Absenz durch eine generalüberholte Metropole begleitete.

Fitz ist in seiner Funktion als Kriminologe diesmal also nur mäßig effizient – dafür aber als Misanthrop eklig wie eh und je. Seiner Frau Judith (Barbara Flynn) etwa säuselt er nach einem missglückten Beischlafversuch zu: Zuerst habe er gedacht, er würde sich nach jungem und festem Fleisch sehnen, aber jetzt sei ihm klar, dass er sie liebe. Sicherheitshalber bestellt Fitz während dieser zweifelhaften Lobpreisung der alten Gattin aber lieber noch mal im Internet eine Ladung Viagra.

Das ZDF wiederholt an den folgenden zwei Sonntagen zwei alte Folgen von „Für alle Fälle Fitz“: Am 17.9. läuft „Mord ohne Erinnerung“, am 24. 9. „Tod eines Knaben“ (jeweils 22.15 Uhr)