: Montenegros Opposition hat kaum Chancen
Nach sechzehn Jahren an der Macht strebt Premier Milo Djukanović wieder die absolute Mehrheit an
BELGRAD/PODGORICA taz ■ „Warum sollte ich wählen, Milo wird sowieso siegen“, sagt ein Taxifahrer in der montenegrinischen Küstenstadt Budva. Und tatsächlich stellt sich laut Meinungsumfragen nicht die Frage, ob Premier Milo Djukanović am Sonntag geschlagen wird, sondern ob er abermals die absolute Mehrheit gewinnt. Seit über 16 Jahren regiert er mit seiner „Demokratische Partei der Sozialisten“ (DPS) abwechselnd als Regierungs- oder Staatschef in Montenegro. Erst vor drei Monaten feierte der „Schöpfer“ der modernen Souveränität Montenegros den historischen Sieg nach dem Referendum über die Unabhängigkeit der kleinen Adriarepublik.
Auf dieser Erfolgswelle führt die DPS mit ihrem sozialdemokratischen Juniorpartner SPD die Wahlkampagne. Wo immer Milo, der „ungekrönte König der schwarzen Berge“, erscheint, wehen unzählige rote Fahnen mit dem goldenen doppelköpfigen Adler, dem Symbol der montenegrinischen Souveränität. Montenegro werde als erstes Land des Westbalkans in die EU aufgenommen, verspricht Djukanović siegessicher. Das habe die Selbständigkeit ermöglicht und seine Politik, dank der Montenegro Freunde in der Welt und der Region gewonnen habe.
Der unionistische Block hat sich von der Niederlage bei dem Unabhängigkeitsreferendum immer noch nicht erholt. Zwar erkennen proserbische Politiker stur die rote Fahne des unabhängigen Montenegros und die neue Hymne nicht an, doch das ändert nichts an der Tatsache, dass sie nicht mehr im gleichen Staat mit dem Mutterland Serbien leben. Nichts Neues konnten proserbische Parteien, angeführt von der „Sozialistischen Volkspartei“ (SNP), während der ersten Wahlkampagne im unabhängigen Montenegro ins Spiel bringen. Die ein Jahrzehnt dauernden ewigen Schlappen im Kampf gegen Djukanović haben ihre Spuren hinterlassen. SNP-Führer Predrag Bulatović, wiederholte die schon bekannten Anklagen über das „korrupte“ und „kriminelle“ Regime. Milos Mafiosi werden immer reicher, während das Volk immer ärmer wird, lautet das Motto der SNP.
Die unversöhnliche Feindschaft der zwei Blocks versucht die neue Expertenpartei in Montenegro, die „Bewegung für Veränderungen“ (SZP), auszunützen. Frisch und energisch wirkt Vorsitzender, Nebojša Medojević. Man müsse endlich den Parteistaat in Montenegro abbauen, fordert er. Nach 16-jähriger Herrschaft Djukanović’ hätten sich Polizei, Justiz, Finanz- und Marktinstitutionen in Instrumente der Machthaber verwandelt. Die SZP ruft die gesamte Opposition auf, gemeinsam Djukanović’ Machtära endlich ein Ende zu setzen. „Wenn wir euch nicht gefallen, dann wählt eine andere Oppositionspartei“, sagt Medojević, Djukanović müsse zumindest in eine Koalition gezwungen werden.
In den Bergen, hoch über Podgorica, in der Althauptstadt Cetinje, hat die „Liberale Partei“ (LP) die Spaltung der Parteispitze überwunden und führt eine aktive Wahlkampagne. In einer Koalition mit der „Partei der Bosniaken“ erhofft sich die LP das Zünglein an der Wage zu sein, falls Djukanović die absolute Mehrheit verfehlt. Die Liberalen sind die „Ur- Sezessionisten“, deren Programm schon bei der Gründung 1990 eine Unabhängigkeit Montenegros anstrebte. Beim Unabhängigkeitsreferendum unterstützen die Liberalen Djukanović, doch nun wollen auch sie den „montenegrinischen Godfather“ entmachten.ANDREJ IVANJI