Horst Seehofer stolz auf Gammel-Liste

Nach dem jüngsten Skandal um verdorbenes Fleisch: CSU-Bundesverbraucherminister gibt sich als harter Anwalt der Bürger – und legt einen 13-Punkte-Maßnahmenkatalog vor. Allein: Das Paket ist abgehangen. Die Vorschläge sind käsig und ranzig

VON HANNA GERSMANN

Bundesagrarminister Horst Seehofer servierte diese Woche einen „13-Punkte-Maßnahmenkatalog“, damit die Deutschen kein verdorbenes Fleisch mehr essen. In der ZDF-Talkshow „Berlin Mitte“ erklärte er stolz, es sei ein „harter Kampf“ gewesen. Die Länder hätten sich gewehrt – „das können Sie mir glauben“. Was ist dran an seinen Verbesserungsvorschlägen?

Es war Ende letzten Jahres, da gab sich der CSU-Politiker schon einmal als wortreicher Verfechter von mehr Verbraucherrechten. Damals präsentierte er einen „Zehn-Punkte-Plan“. Die Zeit verstrich, ohne dass er den Tricksern das Handwerk legen konnte. Das Münchener Lager für eklige Fleischantiquitäten flog vor einer Woche nur durch einen anonymen Hinweis auf – und nicht durch staatliche Überwachung.

Daran wird sich wenig ändern. Die Ideen sind rar. Seehofer etikettiert stattdessen Maßnahmen aus dem alten Plan um – als „Neuheit“ . Fünf Beispiele.

Gammel-Vorschlag 1: Seehofer will jetzt das „Informationsmanagement“ verbessern, zuvor hieß das etwas schlichter „Informationsfluss“. Die Länder sollen sich vernetzen – über ein „Fachinformationssystem Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit“. Das ist so etwas wie eine elektronische Akte, in die verdächtige Funde eingetragen werden. Haken: Kontrolleure in Mannheim stießen schon im Dezember auf Tiefkühlware aus München, die ihnen nicht sauber vorkam. Also informierten sie die bayerische Landeshauptstadt – mit einem herkömmlichen Fax. Konsequenzen? Fehlanzeige! Gegen Schlamperei hilft auch elektronische Post nicht.

Gammel-Vorschlag 2: Seehofer will schon lange die Qualität der Lebensmittelkontrollen verbessern. Sein neuer Vorschlag: Ein Handbuch soll helfen, damit die Überwachung von Schlachthöfen, Kühlhäusern und Dönerbuden in den Bundesländern einheitlicher wird. Haken: „Handbuch – schön und gut“, meint Carel Mohn vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Das ändere aber nichts an „zersplitterten Strukturen und der Nähe zwischen Kontrolleuren und Kontrollierten“. In Bayern sind zum Beispiel die Kommunen für die Überwachung zuständig. Ihr Dilemma: Sie wollen keinen Unternehmer vergrätzen, der Jobs schafft und Steuern zahlt.

Gammel-Vorschlag 3: Seehofer fordert die Justiz auf, härter durchzugreifen. Haken: Der Ruf ist alt, geändert hat sich nichts. Wer mit ekligem Fleisch handelt, muss derzeit höchstens 20.000 Euro zahlen. Das beeindruckt offenbar nicht. Thilo Bode von Foodwatch meint, „das Bußgeld muss nach Umsatz gestaffelt werden“. Die Regierung aber scheut sich. Im Seehofer-Plan steht vage: „Strafrahmen konsequent ausschöpfen, überprüfen und falls erforderlich erhöhen.“

Gammel-Vorschlag 4: „Namen nennen“ – steht im neuen Seehofer-Katalog. Der Gedanke: Wer um Ruf und Kunden fürchten muss, schreckt vor illegalem Handel zurück. Die neue Offenheit wird im Verbraucherinformationsgesetz geregelt, das längst entworfen ist. Haken: Das Regelwerk ist keineswegs so gelungen, wie Seehofer Glauben macht. Kontrolleure werden nach wie vor schweigen. „Firmen können sich zu oft auf das Betriebsgeheimnis berufen“, erklärt der Dresdner Wirtschaftsjurist Stefan Ansgar Strewe. Trotzdem hat das Gesetz den Bundestag passiert. Im September will ihm auch der Bundesrat zustimmen.

Gammel-Vorschlag 5: Seehofer bittet die Wirtschaft, die Eigenkontrolle zu stärken. Haken: Der Minister hat darüber schon im November letzten Jahres mit Vertretern der Fleischbranche gesprochen – folgenlos.

Den Vorschlag „flächendeckende Kühlhausüberprüfung“ hat Seehofer indes eingefroren. Er taucht im „13-Punkte-Maßnahmenkatalog“ nicht mehr auf. Wie der aktuelle Fleischskandal zeigt, bringen Vorsätze allein ohnehin nichts.