piwik no script img

Archiv-Artikel

Dilek Kolat macht ein Angebot

PROTESTCAMP Berliner SPD-Senatorin bietet den Flüchtlingen vom Oranienplatz im Bezirk Kreuzberg ein Bleiberecht an. Dafür sollen die ihr Zeltlager räumen

BERLIN taz | Der Berliner Senat hat den Flüchtlingen, die seit Monaten den Oranienplatz im Multikulti-Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg mit einem Zeltlager besetzt halten, jetzt ein Angebot gemacht. Die gut 400 Männer und Frauen sollen ein kurzzeitiges Bleiberecht bekommen, unterbreitete Berlins Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) den mehrheitlich aus Afrika stammenden Besetzern am letzten Wochenende vertraulich. Im Gegenzug sollen diese den Oranienplatz räumen, ihre Zelte und Holzhütten abbauen und dafür sorgen, dass sich dort keine neuen Leute ansiedeln.

Für die Gruppe jener Flüchtlinge, die als Asylbewerber in Bayern oder Hessen registriert sind und die aus Protest gegen die deutsche Asylpolitik vor eineinhalb Jahren einen Fußmarsch von Würzburg nach Berlin initiiert haben, soll es eine spezielle Lösung geben. Sie sollen ihr Asylverfahren künftig in der Hauptstadt fortsetzen dürfen.

Die anderen Bundesländer müssen dieser „Umverteilung“ aber noch zustimmen – und diese Zustimmung ist nicht sicher. Denn dem Vernehmen nach dringt Berlin darauf, dass die Flüchtlinge vom Oranienplatz auf das Kontingent der Hauptstadt angerechnet werden, und nicht etwa zusätzlich hinzukommen. Denn freie Plätze in Asylheimen gibt es in Berlin derzeit praktisch keine.

Was die Gruppe der sogenannten Lampedusa-Flüchtlinge angeht, die entweder bereits in Italien Asyl erhalten haben oder deren Verfahren dort noch läuft, bleibt Kolat vage. Offiziell sagt sie: „Es gibt noch kein abgestimmtes Papier. Wir sind in Verhandlungen.“

Dennoch existieren unterschiedliche Entwürfe eines Angebots, dessen Aussagen sich unterscheiden. Einmal ist die Rede davon, dass sie eine bis zu sechsmonatige Duldung mit vager Aussicht auf Verlängerung sowie einen Deutschkurs erhalten. In anderen Fassungen ist nur von einer „Prüfung“ oder einer „wohlwollenden Prüfung“ derselben die Rede. Schon das Wort „wohlwollend“ will die CDU, wie es heißt, nicht mittragen. Ohne die geht es aber nicht. Denn Duldungen stellt in Berlin, wo Union und SPD gemeinsam regieren, die Innenverwaltung aus – und die untersteht Innensenator Frank Henkel (CDU). Dessen Sprecher Stefan Sukale sagt nur: „Es laufen noch Gespräche.“ Unklar ist auch, ob sich die Oranienplatzbesetzer darauf einlassen werden, denn die Gruppe ist alles andere als homogen.

Sozialsenatorin Dilek Kolat gilt in der Berliner SPD als Hoffnungsträgerin und wird dort sogar als mögliche Nachfolgerin für den 60-jährigen Bürgermeister Klaus Wowereit gehandelt, der seine dritte Amtszeit regiert. Am Oranienplatz ist sie zum Erfolg verdammt. Seit Wochen verhandelt sie darum hinter verschlossenen Türen mit Flüchtlingen und Besetzern. MARINA MAI