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Archiv-Artikel

„Ein doppeltes Problem“

LESUNG Eine Buch thematisiert die Integration anhand eines jüdisch-argentinischen Beispiels

Von mnz
Reiner Kornberger, 61

ist Gymnasiallehrer und ein auf Lateinamerika spezialisierter Übersetzer aus Bremen.

taz: Was ist ein Mestizo, Herr Kornberger?

Reiner Kornberger: Ein „Halbblut“ aus Indios und Weißen, ein „Mischling“ – aber der Begriff ist bei uns durch Karl May und die Nazis negativ besetzt. In Lateinamerika ist das ganz anders. In der Übersetzung des Buches habe ich deshalb den Originaltitel belassen, ergänzt durch den Untertitel „Der Weg des David Schnaiderman“.

Ist der argentinische Autor Ricardo Feierstein ein „Mestizo“?

Im weitesten Sinne. Er ist Jude, Sohn eines Einwanderers.

Zugleich ist Feierstein eine zentrale Figur im argentinischen Geistesleben...

Eher in der jüdischen Abteilung desselben. Sein Werk ist hier aber wenig bekannt, der ganze Sektor wird vom deutschen Verlagswesen eher vernachlässigt. Deshalb habe ich den Versuch unternommen, durch die Übersetzung dieses zentralen Werks der jüdisch-argentinischen Literatur ein Fenster zu öffnen. Die jüdische Kultur in Argentinien ist zwar relativ gut integriert, aber dennoch ein gewisses Ghetto.

Worum geht es in dem Roman?

Um kulturelle Identität. Das ist ja ein Problem aller Argentinier – das Land ist aus der Masseneinwanderung zwischen 1880 und 1930 entstanden. Die Juden haben da aber in einer romanisch-katholisch geprägten Kultur ein doppeltes Problem. Im Grunde geht es also um die Integration in eine multikulturelle Gesellschaft. Das brennt uns ja auch auf den Nägeln. Zugleich ist das Buch weitgehend autobiografisch geprägt, bis hin zu Familienfotos. Int.: mnz

19 Uhr, Buchhandlung Franz Leuwer, Am Wall 171. Der Roman „Mestizo“ von Ricardo Feierstein ist im Donat-Verlag erschienen