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Archiv-Artikel

Brauchen Beamte Weihnachtsgeld?

WO GESPART WIRD (IV) Ist die Kürzung des Weihnachtsgeldes ein Opfer, das Hamburgs Beamten abverlangt werden kann? Ja, sagt Personalamtsleiter Volker Bonorden, nein der GEW-Vorsitzende Klaus BullanEIN PRO VON VOLKER BONORDEN

Volker Bonorden, 62

ist Betriebswirt, Sozialwissenschaftler und Leiter des Personalamts des Senats der Hansestadt Hamburg Foto: Senat

Das Einkommen im öffentlichen Dienst kann nicht von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt betrachtet werden. In vielen Bereichen ist es aufgrund der weltweiten Krise schon im Jahr 2009 zu Reallohnverlusten gekommen – ein wesentliches Element sind dabei starke Einbrüche bei den im privaten Sektor häufig konjunkturabhängig gewährten Sonderzahlungen. Demgegenüber wurde die Besoldung in Hamburg 2009 deutlich erhöht und das hohe Niveau der Sonderzahlungen beibehalten.

Die weltweite Krise hat gravierende Auswirkungen auf die Einnahmeseite der öffentlichen Haushalte. Die Verschuldung Hamburgs betrug Ende 2009 22,88 Milliarden Euro. Zwischenzeitlich eingetretene Entwicklungen haben zu einem dringenden Handlungsbedarf geführt. Daher ist Hamburg zu Einsparungen gezwungen. Auch die Ziele der im Grundgesetz verankerten „Schuldenbremse“ müssen berücksichtigt werden.

Der Erste Bürgermeister hat in seiner Regierungserklärung am 15. September 2010 deutlich gemacht, dass den Betroffenen mit den Einschnitten ab 2011 beim Weihnachtsgeld viel abverlangt wird. Den Belangen der Beamtinnen und Beamten aus den unteren Besoldungsgruppen wird dabei durch eine soziale Staffelung des verbleibenden Weihnachtsgeldes Rechnung getragen.

Es muss berücksichtigt werden, dass der öffentliche Dienst aus den von allen BürgerInnen aufgebrachten Steuermitteln finanziert wird und in schwierigen Zeiten seinen Beitrag leisten muss. Dabei wird es keine betriebsbedingten Kündigungen und keinen Einstellungsstopp geben. Es bleibt bei der Übernahme der bedarfsorientiert ausgebildeten Nachwuchskräfte, die erfolgreich ihre Ausbildung abschließen. Hamburg bleibt ein attraktiver Arbeitgeber.

 EIN CONTRA VON KLAUS BULLAN

Wenn alle kürzer treten müssen, warum dann nicht den Beamten das Weihnachtsgeld streichen? Das klingt vielleicht gut, ist aber falsch.

Wer hat über seine Verhältnisse gelebt? Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst waren es nicht, die durch Bonus-Zahlungen dafür belohnt wurden, dass sie das Desaster der HSH-Nordbank herbeiführten und seither verschleiern, so dass der Hamburger Haushalt mit Milliarden dafür geradestehen muss.

Weihnachtsgeld ist kein Bonus, sondern ein normaler Einkommensbestandteil. Wer außer Hamburgs BeamtInnen muss eine Reduzierung des Jahresgehalts um rund fünf Prozent hinnehmen, obwohl dieser Senat kurz zuvor großspurig erklärt hatte, es gebe mit ihm keine Sonderopfer für Beamte?

Klaus Bullan, 59

ist seit 2005 Vorsitzender des Hamburger Landesverbands der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Foto: GEW

Welches Signal wird da beispielsweise an die LehrerInnen gesendet: Sicher nicht Wertschätzung für ihre aufopferungsvolle Arbeit in den Schulklassen. Die Weihnachtsgeld genannte Jahressonderzahlung ist eben kein Geschenk, sondern wichtiger Einkommensbestandteil, mit dem die Beamten in Hamburg rechnen (müssen).

Und wer tritt eigentlich kürzer? Betrachtet man das „Sparprogramm“ genauer, fällt auf, dass mit 100 der rund 406 Millionen Euro der Löwenanteil auf die Weihnachtsgeldkürzung für Beamte entfällt. Viele andere Maßnahmen sind ungedeckte Wechsel auf die Zukunft oder Wunschdenken oder mehr schlecht als recht verschleierte zusätzliche Gebühren.

Haushaltskürzungen wären überflüssig, wenn die HSH-Nordbank solide arbeiten würde, Steuermittel nicht im Millionengrab Elbphilharmonie oder der U4 versenkt würden, Steuerprüfungen rigoroser vorgenommen würden und endlich die Millionäre so besteuert würden, wie noch zu Helmut Kohls Zeiten.