: Viva Polonia!
Wie Polens rechtskonservativer Premier Kaczynski fordert auch Nordrhein-Westfalens polnische Minderheit mehr Rechte: Auf der Wunschliste stehen eigene Zeitungen, Sender – und Abgeordnete
VON ANDREAS WYPUTTA
Nordrhein-Westfalens polnische Community macht sich für verbesserte Minderheitenrechte stark. „Wir fordern eine bessere Schulausbildung für unsere Kinder und stärkere finanzielle Unterstützung für unsere polnischen Organisationen hier in Deutschland“, so Zdzisław Duda, Vorsitzender des Bundes der Polen in Deutschland, zur taz. Der Bund mit Hauptsitz in Bochum vertritt nach eigenen Angaben bundesweit mehr als zwei Millionen Menschen polnischer Herkunft. „Allein in NRW bekennen sich knapp 800.000 zu ihren polnischen Wurzeln“, sagt Duda.
Gefördert werden sollen diese Wurzeln durch polnischsprachige Zeitungen, Radio- und Fernsehsender. Selbst eine angemessene Vertretung im Bundestag steht auf der Wunschliste der polnischen Minderheit – schließlich säßen im Warschauer Sejm unabhängig vom Wahlergebnis auch stets zwei Vertreter der deutschen Minderheit.
Hintergrund sind Äußerungen des stellvertretenden polnischen Ministerpräsidenten Roman Giertych: Der Vorsitzende der rechtsnationalistischen Liga Polnischer Familien (LPR) hatte im Wahlkampf gefordert, die Sonderrechte der deutschen Minderheit in Polen aufzuheben. Die Deutschen dürften nicht besser gestellt werden als Polen in Deutschland, hatte Giertych gesagt und dabei zunächst Unterstützung von Polens Premier Jaroslaw Kaczynski erhalten. Inzwischen bemüht sich der Rechtskonservative aber um eine Verbesserung des zuletzt stark angespannten deutsch-polnischen Verhältnisses: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte Kaczynski zu, die Rechte der deutschen Minderheit in Polen nicht auszuhebeln.
Überraschend deutlich werden dagegen die Diplomaten des Kölner Konsulats der Republik Polen. So vernachlässige die deutsche Seite den Sprachunterricht, klagt Konsul Jerzy Rasala: „Selbst im Ruhrgebiet, wo eine große polnische Minderheit lebt, bietet kaum eine Schule Polnischunterricht an.“ Wegen der Kulturhoheit der Länder sei deshalb auch die Düsseldorfer Landesregierung am Zug. „Das ist nicht die Sache des Konsulats, das ist Sache der deutschen Behörden“, sagt Konsul Rasala in beinahe undiplomatischer Offenheit. Und Zdzislaw Duda vom Bund der Polen legt nach: Formal habe selbst unter den Nationalsozialisten ein effektiver Minderheitenschutz bestanden, der erst 1940 aufgehoben worden sei. „Als Land, das sich gegen Nationalismus und Faschismus wendet, stünde der Bundesrepublik die Wiedereinführung von Sonderrechten für Polen in Deutschland gut an.“
Abgelehnt werden die Forderungen dagegen von der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Ruhr. „Wir leben in einem vereinten Europa“, sagt deren Sprecherin Jolanthe Kusmierek. Der Minderheitenschutz sei ein Thema der Vergangenheit, den Funktionären der polnischen Minderheit gehe es nur um Geld, Macht und Einfluss – genau wie Polens rechtskonservativem Premier Kaczynski: „Wir intelligenten, postnationalistischen Polen warten doch nur darauf, dass diese Person zusammen mit ihrem Bruder, dem Staatspräsidenten, seine Taschen packt und endlich geht.“