Schule spaltet Koalition

Mit neuen Vorschlägen zur Schulreform provoziert die schleswig-holsteinische CDU die mitregierende SPD. Entgegen den Absprachen fordert sie eine „Regionalschule“, in der die Kinder doch wieder getrennt unterrichtet würden

Im schleswig-holsteinischen Koalitionsstreit um die richtige Schulform hat die CDU eine neue Runde eingeläutet. Ihr neuester Clou: die „Regionalschule“, ein Zwitter aus Real- und Hauptschule, in der die Kinder eine gemeinsame Orientierungsstufe durchlaufen, dann aber getrennt unterrichtet werden. „Auch wollen wir einen dauerhaften Schulfrieden für Schleswig-Holstein“, sagt der Landesgeschäftsführer der CDU, Daniel Günther.

Das muss sich für den Koalitionspartner SPD wie Hohn anhören – denn deren Modell ist die Gemeinschaftsschule, die auch im Koalitionsvertrag steht. Dieser neue Schultyp soll die Gesamtschule weiterentwickeln: Ziel ist, dass die Kinder länger, auf jeden Fall über Klasse sechs hinaus, zusammenbleiben und nach neuen pädagogischen Konzepten unterrichtet werden.

Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave hat immer betont, dass sie an der Gemeinschaftsschule auf jeden Fall festhalten will. Gestern warnte SPD-Fraktionschef Lothar Hay die CDU davor, vom Koalitionsvertrag abzurücken: „Was dort steht, bleibt maßgeblich.“ Würden die Gemeinschaftsschulen in Frage gestellt, „stelle ich auch die Grundlagen der Koalition in Frage“.

Sein CDU-Gegenpart, Johann Wadephul, hatte in einem Interview gefordert, die Sozialdemokraten „müssen sich endlich bewegen und sollten keine Gemeinschaftsschul-Falle aufbauen“. Und die christdemokratische Basis klatscht Beifall, so geschehen bei einer Regionalkonferenz im Dörfchen Wacken: „Einen neuen Schultypus zu erfinden, den es nur in Schleswig-Holstein gibt, ist ein Luxus, den wir uns nicht leisten können“, sagte Wadephul dort laut einem Bericht der Lokalzeitung und forderte „eine ideologiefreie Diskussion“.

Gemessen an den Äußerungen ihrer Spitzenleute müsste die CDU-Fraktion bei der Landtagsabstimmung über das Schulgesetz – ein Reformpaket, das zahlreiche Änderungen von Zentralabitur bis Oberstufenreform umfasst – gegen die Gemeinschaftsschule votieren. Doch die Christdemokraten haben sich eine Hintertür offen gelassen: In einem Positionspapier schlugen sie vor, den neuen Typ nicht als Regelfall, sondern als „Angebotsschule“ zuzulassen.

Der Streit freut vor allem die Opposition: So sieht der Kieler FDP-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Kubicki in den schwarz-roten Wortgefechten „Konflikte der Orientierungslosigkeit“. Das Bildungsministerium wollte sich gestern zu dem Fall nicht äußern. Esther Geißlinger