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Archiv-Artikel

Die TV-Deutung

Mit dem Zweiteiler „Helen, Fred und Ted“ (20.15 Uhr) präsentiert die ARD eine Psychologen-Komödie mit Starbesetzung. Das hat Serien-Potenzial

Von Christian Buss

Drei Charaktere, drei Therapieansätze: Prof. Dr. Frederick Czerny (Friedrich von Thun) isst abends riesige Schnitzel und schaut tagsüber viel auf die Uhr. Seine Patienten lässt er gerne reden, bis die Sitzung abgelaufen ist; das erspart ihm die Mühe, kluge Antworten geben zu müssen. Eduard Fröhlich (Christian Berkel), der über keinen Titel verfügt und sich kulant Ted nennt, kloppt sich indes auf den Bongos mit seinen Sorgenkindern gerne weit über die gebuchte Zeit hinaus den Frust von der Seele und unternimmt mit ihnen unkonventionelle Verrenkungen zur Lösung psychologischer Knoten. Und Dr. Helen Cordes (Andrea Sawatzki) hat gerade ihren Job in der psychiatrischen Klinik geschmissen, weil sie nicht mehr nur auf Tabletten, sondern auf Therapie setzen will. In ruhigen Gesprächen beißt sie sich zu grausamen Wahrheiten vor.

Der Bonvivant, der Trommler und die Seelenfräse – in dieser teuer produzierten Therapeuten-Dramedy müssen sich die drei Figuren in einer gemeinsamen Praxis zusammenraufen. Deshalb folgt „Helen, Fred und Ted“ vor allem der Logik der Buddy-Komödie: Die Reibung zwischen den sich argwöhnisch beäugenden Seelenschraubern treibt das Geschehen mehr voran als die zuweilen etwas lehrbuchhaft ausgebreiteten psychologischen Phänomene. Was keineswegs heißt, dass Magersucht oder Burn-out-Syndrom nicht mit der gebührenden Sorgfalt behandelt werden. Regisseurin Sherry Hormann („Frauen sind was Wunderbares“) sowie die Autorinnen Kathrin Richter und Gabriela Sperl beherrschen durchaus das Spiel mit den unterschiedlichen Tonlagen.

Der große dramaturgische Bogen aber will sich über die zwei Teile nicht wirklich einstellen; zu viele Charaktere werden eingeführt, und den mannigfaltigen Anomalien stehen ebenso mannigfaltige Inszenierungstechniken gegenüber. Mal spricht einer der schrulligen Psychologen direkt in die Kamera, um dem Zuschauer von einem Trauma aus Kindheitstagen zu erzählen. Mal wird das Behandlungszimmer in künstliches Weiß getaucht, um Konzentration auf den seelischen Konflikt zu suggerieren.

Im gewissen Sinne bildet die überhitzte (und wohl durchaus bewusst überladene) Koproduktion des BR und NDR die Antithese des gemeinsam vom SWR und WDR betreuten unterkühlten Fernsehtherapeuten „Bloch“: Wo Dieter Pfaff in der Rolle des Seelenforschers tief in einen einzelnen Fall abtaucht, da wieselt das Trio „Helen, Ted und Fred“ eben um eine ganze Reihe von psychologischen Gassenhauern herum – freilich ohne, das ist anzuerkennen, schnelle Lösungen zu versprechen. Vielleicht eine angemessene Reaktion darauf, dass Psychologie längst ein medial allgegenwärtiges Thema ist. Und wie viel kluger Witz aus dem Spiel mit den Klischees des Seelenklempners erwachsen kann, beweist ja die großartige US-Psychologen-Sitcom „Frasier“, die im Nachtprogramm der privaten Konkurrenz rotiert.

Auch der deutsche Zweiteiler, der ja vor allem eine Sammlung hübscher psychologischer Kabinettstückchen darstellt, schreit eigentlich nur danach, als Fünfundvierzigminüter in Serie zu gehen – am besten auf dem Dienstags-Prime-Time-Sendeplatz der ARD, wo sonst biedere Schmunzelgeschichten wie „Um Himmels willen“ laufen. Das Anormale als Ausbruch aus der deutschen Fernsehnormalität, das wäre doch was. Falls es damit doch noch nicht klappen sollte, guckt man halt wieder amerikanische Sitcoms – Frasier, bitte übernehmen Sie!

Zweiter Teil: 20. 9. um 20.15 Uhr, ARD