Genreis-Tests positiv

In europäischen Reislagern wurde in jeder fünften Probe die manipulierte Sorte LL 601 des Bayer-Konzerns entdeckt

BRÜSSEL taz ■ Deutlich mehr genveränderter Reis als bisher angenommen ist in die Nahrungskette gelangt. Bei der letzten Sitzung mit Fachbeamten der Mitgliedsländer berichtete ein Vertreter des Europäischen Verbandes der Reismühlen, von 162 Proben aus Lagerbeständen seien 33 positiv auf die Sorte LL601 getestet worden. Sie stammt von Versuchsfeldern der Firma Bayer in den USA. Die Versuche wurden bereits 2001 abgebrochen, eine Zulassung wurde nie beantragt.

„Wir verlangen einen Einfuhrstopp für Reis aus den USA“, sagte der Greenpeace-Reisexperte Jeremy Tager der taz. In vielen US-Bundesstaaten würden Feldversuche mit genverändertem Reis großzügig genehmigt. Die zuständige Lebensmittelbehörde habe keine Übersicht darüber, was auf den Feldern angebaut werde. Die Labors verfügten nicht über taugliche Testverfahren, um alle genveränderten Sorten zu finden.

„Auch die Lieferanten in den USA handelten in gutem Glauben“, sagt Chris Downes vom Europäischen Verband der Reismühlen, der 90 Prozent der Reis verarbeitenden Betriebe in der EU vertritt. LL601 könne erst gefunden werden, seit Bayer Anfang September die Labors mit Referenzmaterial aus den Feldversuchen beliefert habe. Mit anderen Worten: Niemand kann sicher sein, in den vergangenen fünf Jahren nicht genveränderten Reis gegessen zu haben.

Doch auch für die Zukunft ist das Problem nicht aus der Welt. Zwar wird nun gezielt nach LL601 gesucht. Wie aber sieht es mit dem für pharmazeutische Zwecke auf US-Versuchsfeldern angebauten Reis der Firma Ventria aus? Für ihn und viele andere Testsorten liegen in europäischen Laboren keine Referenzproben bereit.

Schon jetzt birgt der US-Reis für die europäischen Importeure gewaltige wirtschaftliche Risiken. Sie verhandeln noch mit ihren amerikanischen Geschäftspartnern darüber, wer die Tests, die vernichteten Lieferungen und die Rücklieferung positiv getesteter Schiffsladungen mit Reis in die USA bezahlen muss. 12 Prozent der Reisimporte stammen aus den USA. Jeremy Tager empfiehlt, auf thailändische Importe auszuweichen. Auf einem so kleinen Markt sei es leichter, den Überblick über Feldversuche zu behalten und die europäischen Labors vollständig mit Vergleichsproben auszustatten. Denn bei Genverunreinigungen gilt: Man kann nur finden, wonach man gesucht hat.

DANIELA WEINGÄRTNER