: Globalisierungskritiker sind unerwünscht
Bei der morgen beginnenden Jahrestagung von IWF und Weltbank im autoritär regierten Singapur ist nur symbolischer Protest handverlesener Demonstranten erlaubt. Öffentliche Kundgebungen sind verboten, profilierte Kritiker dürfen nicht ins Land
VON SVEN HANSEN
Die Polizei des südostasiatischen Stadtstaats Singapur hat 28 Aktivisten von acht internationalen Nichtregierungsorganisationen die Einreise zur Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank verboten. Die Personen seien bei den WTO-Treffen in Seattle und Cancún sowie beim G-8-Gipfel in Genua in „störerische Aktivitäten“ verwickelt gewesen, sagte Polizeistabschef Soh Whai Wah gestern, ohne Namen zu nennen.
Nach Medienberichten gehören dazu Mitarbeiter so renommierter Organisationen wie Focus on the Global South (Thailand), das Forum für Entwicklung in Indonesien (Infid) und die in Italien ansässige Kampagne zur Reform der Weltbank. Diese Organisationen sind bei der Weltbank akkreditiert, was Singapurs Behörden als Bedingung nannten, um während der Tagung protestieren zu dürfen. „Die Weltbank entscheidet, wen sie akkreditiert. Singapurs Regierung entscheidet, wen sie ins Land lässt“, sagte Polizeichef Soh.
Proteste sind in Singapur während der Jahrestagung verboten und auch sonst fast nie legal möglich. Treffen von mehr als fünf Personen brauchen eine Genehmigung, die sie fast nie bekommen, wenn sie regierungskritisch sind. Der Oppositionspolitiker Chee Soon Juan, der für Samstag zu einer Demo aufruft, wurde von der Polizei bereits am Verteilen von Flugblättern gehindert.
Die Regierung begründet das Demo-Verbot damit, dass Proteste den Frieden in der Stadt gefährden und Terroristen die Ablenkung der Sicherheitskräfte ausnutzen könnten. Eine entlarvende Reaktion kam vom Senior- und Expremierminister Goh Chok Tong. Er sagte, dürften internationale Aktivisten demonstrieren, könnten sich Singapurs Bürger fragen, warum sie es sonst nicht dürften.
Ansonsten verweist die Regierung darauf, dass Proteste in der Lobby des Tagungszentrums doch erlaubt seien. Nur dort darf innerhalb einer 14 mal 8 Meter großen Zone demonstriert werden. Zwar räumten Regierungsvertreter ein, dass nicht alle der knapp 500 akkreditierten NGO-Vertreter dort gleichzeitig Platz finden. Sie müssten eben abwechselnd protestieren. Schilder und Stangen für Transparente aus Holz sind verboten, die Polizei hält Pappmaterialien bereit.
Wilson Fortabeza von der philippinischen Freedom of Debt Coalition fühlt sich durch Singapurs Umgang mit Protesten in seiner Kritik an IWF und Weltbank bestätigt. Diese würden sich zwar offiziell für Meinungsfreiheit aussprechen, aber die Auswahl autoritär regierter Orte wie Dubai oder Singapur für ihre Tagungen wäre entlarvend.
In Kenntnis der Lage in Singapur hatten einige Organisation von vornherein Proteste und Tagungen auf der vorgelagerten indonesischen Insel Batam geplant, wo zahlreiche singapurische Firmen produzieren lassen. Doch auch dort sind NGOs nicht willkommen. Die lokale Polizei wollte alle Aktivitäten verbieten und musste erst von Jakarta zurückgepfiffen werden. Jetzt soll zumindest eine Tagung erlaubt sein.