SPD für Mindestlohn

Gewerkschaftsrat verlangt Lohnuntergrenzen für den Fall, dass Tarifpartner versagen. Umsetzung: in den Sternen

BERLIN taz ■ Die Arbeitsmarktpolitiker im SPD-Gewerkschaftsrat haben sich auf ein Mindestlohnkonzept geeinigt. Es soll am kommenden Montag von SPD und den Gewerkschaftsbossen beschlossen werden und genießt dem Vernehmen nach auch das Wohlwollen von SPD-Arbeitsminister Franz Müntefering und von SPD-Chef Kurt Beck.

Das Konzept, das von einer Arbeitsgruppe unter der SPD-Linken Andrea Nahles erarbeitet wurde, bleibt dicht am SPD-Wahlprogramm 2005. Demnach verbietet die deutsche Tradition der Tarifautonomie, wonach Arbeitgeber und Gewerkschaften die Löhne selbst aushandeln, die unmittelbare Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns. Mittlerweile arbeiten aber 2,5 Millionen Vollzeitbeschäftigte für Armutslöhne, die unter 50 Prozent des Durchschnitts liegen.

Deshalb schlägt die Arbeitsgruppe vor, das Arbeitnehmerentsendegesetz auf alle Branchen auszuweiten. Dazu müssten – wie bereits auf dem Bau und wie bei den Gebäudereinigern geplant – die Tarifparteien sich allerdings auf Mindestlohnsätze verständigen, die dann über das Gesetz verfestigt werden. Wenn dies (wie bereits absehbar) nicht in allen Branchen gelingt, „wird ein einheitlicher Mindestlohn eingeführt“, heißt es in dem Papier. Dieser würde von einer Kommission bestimmt und müsste ähnlich hoch wie in EU-Vergleichsstaaten sein.

Was von alldem in der großen Koalition umgesetzt wird, steht auf einem anderen Blatt. Die Union ist gegen Mindestlöhne. Auch die Bekenntnisse Münteferings zu existenzsichernden Löhnen müssen vor diesem Hintergrund verstanden werden. Der SPD-Arbeitsmarktpolitiker und Mindestlohn-Fan Ottmar Schreiner wies gestern außerdem auf „eine große Hürde“ im Koalitionsvertrag hin. Dort haben Unions- und SPD-Spitzen vereinbart, dass das Entsendegesetz nur auf Branchen ausgedehnt wird, in denen es „für allgemeinverbindlich erklärte“ Tarifverträge gibt. Eine solche „Allgemeinverbindlichkeitserklärung“ aber liegt nicht in den Händen der Branchen, sondern des Arbeitgeberverbands BDA. Und der hat bereits erklärt, dass er dabei nicht mehr mitmachen wird.

ULRIKE WINKELMANN