zeitungskrise
: Kaufmännischer Zynismus

Es hört einfach nicht auf. Während die Zeitungslandschaft im Ruhrgebiet langsam verödet, wird nun auch im Rheinland gespart. Die Rheinische Post (RP) will 65 Mitarbeiter an die frische Luft setzen. Das heißt: Jeder zehnte darf gehen. Im Düsseldorfer Verlagshaus kennt man das, gewöhnen werden sich die Mitarbeiter daran nie. Bereits zum dritten Mal binnen weniger Jahre dünnt die RP ihre Belegschaft aus. Die Begründung – ein altes Lied: Sinkende Einnahmen. Großes Leid. Keine andere Chance. Na klar. Wer da noch angstfrei zur Arbeit geht, ist naiv. Oder hat reiche Großeltern. Doch es geht hier nicht nur den Mitarbeitern an den Kragen. Auch die Leser werden die Kürzungen zu spüren bekommen.

KOMMENTAR VON BORIS R. ROSENKRANZ

Es ist ein suspekter Trend, dass sich Lokal- und Regionalzeitungen zunehmend von ihren Kunden, den Lesern, entfernen. So auch die RP: Allein 40 der 65 Stellen sollen im Service gestrichen werden. Wo sich bisweilen Geschäftsstellen in den Städten des Erscheinungsgebietes befanden, werden künftig nur noch kleine „Service-Points“ in Bäckereien oder Buchhandlungen installiert. Auch wenn man bei der RP beteuert, die Service-Leistung werde sich nicht verringern – die Schließung der Geschäftsstellen ist ein Schritt weg vom Kunden. Nächstes Gegenargument der RP: Viele Leser wendeten sich inzwischen ohnehin per Telefon oder Internet an sie. Das wiederum klingt wie eine billige Ausrede. Und wenn Zeitungen künftig nur noch fernmündlich oder übers Netz zu erreichen sind, verfestigt das die viel beschworene Leser-Blatt-Bindung kein Stück. Wo schon die Mitarbeiter-Blatt-Bindung bei der RP problematisch sein dürfte. Schon in einem Viertel, einem halben Jahr könnten die nächsten dran sein. Auch wenn es dem Verlag nicht so schlecht gehen soll, wie er es darstellt. Und sich in einem Atemzug als Wohltäter verkauft: 65 Kollegen entlassen, bedeute ja auch, die anderen Arbeitsplätze sichern. Das ist kaufmännischer Zynismus, der sich allein aus Zahlen speist. Mit Menschen hat das nichts zu tun.