: Frühstücken mit Connie Hedegaard
KLIMA Die Klimakommissarin reist durch Europa und wirbt für ein Abkommen. Ihre Lehre aus dem Gipfel-Desaster von Kopenhagen: Europa muss mit einer Stimme sprechen. In Berlin traf sie auch den BDI
■ Im Streit mit Deutschland um das Ende des hoch subventionierten Steinkohlebergbaus will EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard hart bleiben. „Die Steuerzahler können nicht jede Menge Geld in unrentable Gruben stecken“, sagte die Kommissarin in Berlin. Dies stehe einfach nicht im Einklang mit dem generellen Ziel eines geringeren Kohlendioxid-Ausstoßes. „Die Kommission hat da eine sehr, sehr klare Position“, betonte sie. Die subventionierte Steinkohle hätte schon vor Jahren enden sollen. „Es gab das Datum 2007, dann das Datum 2010. Jetzt ist Oktober 2014 beschlossen.“ Deutschland dagegen beharrt auf 2018. Mit den Kohleländern Nordrhein-Westfalen und dem Saarland war beschlossen worden, dass der Ausstieg ohne betriebsbedingte Kündigungen umgesetzt wird.
BERLIN taz | Klimapolitiker haben es derzeit schwer mit ihrem Thema. Nach dem Debakel von Kopenhagen glaubt keiner mehr, dass ein neues Abkommen zustande kommt. Und seit die Wirtschaft wieder brummt, steigen die Emissionen rasant – was nach all den Finanzmarkt- und Sparzwang-Krisenmeldungen allenfalls Bedauern rauslöst.
Was also tun, wenn man Klimakommissarin in der EU ist? Connie Hedegaard reist durch die Mitgliedsländer, um Werbung in eigener Sache zu machen. An diesem Freitag kam sie nach Berlin, auf dem Terminkalender standen Treffen mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), mit Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) und zum Frühstück Journalisten.
Vielleicht 20 Medienvertreter sind an diesem Morgen ins Restaurant Tucher neben dem Brandenburger Tor gekommen, das Gespräch ist „unter eins“, wie Connie Hedegaard erklärt. „Unter eins“ bedeutet: Die Journalisten dürfen über das schreiben, was die Kommissarin sagt. „Ich versuche immer auch Nichtregierungsorganisationen zu treffen“, erklärt Hedegaard, aber diesmal habe das der Zeitplan nicht zugelassen, im Zweifel entscheide sie sich für die Wirtschaftsvertreter: „Es ist wichtig, dass die Industrie begreift: Klimaschutz und Energieeffizienz sind Chancen, keine Last.“ Wer heute nicht auf diesen Gebieten investiert, verliere die Märkte von morgen.
Die Wirtschaft sieht das aber offenbar ganz anders, weshalb der Druck auf die Politiker im vorigen Dezember so groß geworden war, dass es in Kopenhagen eben nicht zu einem Abkommen kam. Hedegaard war damals Leiterin der Klimakonferenz. „Eine Lehre aus Kopenhagen ist: Europa muss mit einer Stimme sprechen.“ Augenscheinlich war das also im Dezember nicht so. Hedegaard kündigt eine „Low Carben Road Map“ an, die der deutsche Energiekommissar Günther Oettinger (CDU) erarbeiten wird. EU-Verkehrskommissar Siim Kallas werde einen Plan erarbeiten, wie der Transport zum Klimaschutz beitragen kann. „Die Positionen in der Kommission ist absolut klar“, sagt Hedegaard: „Wir meinen es ernst mit dem Klimaschutz.“ Jetzt dürfen die Journalisten fragen, die 50-jährige Dänin streicht sich erst einmal ein Brot. Was ist von der diesjährigen Klimakonferenz zu erwarten? Kleine Schritte, etwa gegen die Entwaldung oder zum Technologietransfer. Hedegaard: „Wenn wird das dieses Jahr schaffen, ist im nächsten ein Abkommen noch möglich.“ Wäre es nicht sinnvoll, das Klimaziel der EU von 20 auf 30 Prozent zu erhöhen – wie etwa von Bundesumweltminister Röttgen gefordert? „Wir erhöhen, wenn andere Staaten mitmachen. Es macht keinen Sinn, wenn wir einen Verhandlungs-Trumpf aus der Hand geben.“ Wie sie denn die Lage in den USA sehen würde? „Das ist jetzt unter drei“, sagt Connie Hedegaard. Bedeutet: Die Journalisten dürfen zwar wissen, was die Dänin denkt. Aber sie dürfen nicht darüber schreiben. „Ich bitte um Verständnis!“ NICK REIMER