: Antifa-Förderung in Gefahr
BUNDESPROGRAMM Wer zu links ist, darf nicht gegen rechts kämpfen – jedenfalls nicht auf Kosten des Anti-Extremismus-Programms. Dafür hagelt es Kritik von Opposition und Inis
Steffen Bockhahn, Linkspartei
VON PAUL WRUSCH
BERLIN taz | Um das von Schwarz-Gelb geplante Förderprogramm gegen Extremismus gibt es erneut Streit. Oppositionspolitiker und Antifa-Initiativen werfen der Regierung vor, den Kampf gegen rechts massiv zu schwächen und in die Autonomie der Initiativen einzugreifen.
Hintergrund der Kritik ist die Neuordnung der Extremismusprogramme. Ab 2011 will das Bundesfamilienministerium 24 Millionen Euro in das Programm „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ stecken. Initiativen gegen rechts, die Förderung beantragen, müssen sich verpflichten, nur mit Organisationen oder Referenten zusammenzuarbeiten, die sich den Zielen des Grundgesetzes verpflichten. Zudem dürfe „keinesfalls der Anschein erweckt werden“, dass die Partner extremistische Strukturen unterstützen, heißt es in dem Schreiben, das der taz vorliegt.
„Es ist schlicht ein Unding, dass die Regierung eine Art Gesinnungsprüfung für unsere Partner vornehmen will“, sagt Grit Hanneforth, Geschäftsführerin vom Kulturbüro Sachsen. Man arbeite – vor allem auf dem Land – als Initiativen gegen rechts öfter mit linken Jugendgruppen der Antifa zusammen.
Steffen Bockhahn, Bundestagsabgeordneter der Linkspartei, kritisiert das Vorhaben als inakzeptabel. „Das gefährdet das bürgerschaftliche Engagement insgesamt“, sagt er. Die Initiativen seien nur noch bedingt frei bei der Wahl ihrer Partner. Zwar unterstellt er dem Ministerium nicht, dass es sich beständig in die Auswahl einmischt, „es besteht aber die Gefahr, dass bei den Trägern eine Schere im Kopf einsetzt“. Bei enger Auslegung könnte die Zusammenarbeit mit Linkspartei-nahen Organisationen problematisch werden. „Die Extremismusverwirrung der Regierung führt dazu, dass linke, antifaschistische Initiativen gegen Nazis kriminalisiert werden“, sagt Sven-Christian Kindler, grüner Bundestagsabgeordneter. Potenziell könnten sämtliche Antifa-Gruppen nicht mehr gefördert werden.
Kritik erntet auch die Definition der Regierung von Linksextremismus. In einem Schreiben des Familienministeriums werden etwa Bestrebungen, die „eine sozialistische bzw. kommunistische Gesellschaft (…) etablieren wollen“, als linksextrem eingestuft. „Das gefährdet die Pluralität der Gesellschaft“, sagt Sven Frye, Bundesvorstand der Falken. Da würden Menschen in die Extremismusecke gestellt, die dort nicht hingehörten.
Nimmt man das Familienministerium beim Wort, könnten die Falken, die eine sozialistische Gesellschaft anstreben, durchaus den „Anschein von Extremismus“ erwecken. Das Ministerium bestätigte eine schwammige Formulierung in der von den Initiativen zu unterschreibenden Bestätigung. Es dürfe aber nicht der Anschein erweckt werden, dass extremistische Gruppierungen durch die Zusammenarbeit mit geförderten Initiativen legitimiert werden, sagte ein Sprecher.