piwik no script img

„Auf Augenhöhe verhandelt“

REAKTIONEN Überwiegend positiv kommentieren Landespolitiker den Vorschlag für die Flüchtlinge

Selten hat eine politische Initiative seit Ende des Zweiten Weltkriegs überparteilich so viel Lob bekommen: Die grüne Abgeordnete Canan Bayram freut sich über die friedliche Einigung. Bayram, die in den vergangenen Tagen mit zahlreichen Besetzern des Oranienplatzes im Gespräch war, warnt jedoch: „Erst die kommenden Tage werden zeigen, ob der Kompromiss wirklich von allen Besetzern mitgetragen wird oder nur von einem Teil. An meinem Telefon habe ich da unterschiedliche Signale empfangen.“

Ihr politischer Gegenspieler Kurt Wansner (CDU), ebenfalls Abgeordneter aus dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, lässt sich zu einer seltenen Jubelarie hinreißen: „Die CDU-Fraktion dankt Innensenator Henkel, der mit seiner klaren und lösungsorientierten Linie die unhaltbaren Zustände am Oranienplatz und in der Gerhart-Hauptmann-Schule erst auf die politische Tagesordnung gebracht und damit die Grundlage für ein Ende der Besetzung gelegt hat“, teilt Wansner mit.

Langer Atem nötig

CDU-Generalsekretär Kai Wegner zieht sogar allgemeine Lehren aus dem Fall: „Die Situation am Oranienplatz und in der Gerhart-Hauptmann-Schule zeigt, dass Politik einen langen Atem braucht.“ Für ihn sind jetzt die Flüchtlinge am Zug: „Nun liegt es an ihnen, auf friedlichem Wege die rechtmäßigen Zustände wiederherzustellen.“ Wegner erwartet daher, dass sich die Flüchtlinge nun auch an die Vereinbarung halten und den Oranienplatz sowie die Gerhart-Hauptmann-Schule „schnellstmöglich“ freigeben.

„Wir begrüßen, dass Senatorin Kolat auf Augenhöhe mit den Flüchtlingen verhandelt hat“, sagt Fabio Reinhardt, flüchtlingspolitischer Sprecher der Piratenfraktion. Er hoffe, dass es zu einer Einigung kommt, die von allen mitgetragen werde und die auch in der Umsetzung funktioniere. „Es ist ein Erfolg der Flüchtlinge, mit dem Senat zu verhandeln und dabei ein Ergebnis zu erzielen“, so Reinhardt. „Ob das ihnen jedoch letztlich hilft, ist noch fraglich.“

Kritisch bleibt hingegen die Linksfraktion. Ihr flüchtlingspolitischer Sprecher Hakan Taş erklärt: „Integrationssenatorin Kolat hat sich offenkundig bemüht. Mühe allein genügt aber nicht.“ Von einer Lösung des Problems sei das Verhandlungsergebnis „nach wie vor weit entfernt“. Ein Zeichen dafür sei, dass sich die Flüchtlingsvertreter mehrheitlich nicht mit dem vorgeschlagenen Herangehen einverstanden erklären könnten. MAI, BIS

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen