: Zurück in die Vergangenheit
BASKETBALL Phil Jackson, der erfolgreichste Trainer der NBA, wird Präsident der New York Knicks. Als Spieler gewann er mit dem Klub Titel, doch seither regiert dort das Chaos
VON DAVID DIGILI
Es dauerte nur wenige Minuten, dann war sie da, die erste hastige Reporterfrage zu möglichen Meisterschaftsplänen an Phil Jackson. „Wow, die Frage kam ja noch schneller, als ich gedacht hatte“, konterte der 68-Jährige, der gerade als neuer Team-Präsident der New York Knicks vorgestellt wurde. Da war es wieder, dieses verschmitzte, lebenserfahrene Lächeln des Phil Jackson.
„Willkommen zurück dort, wo alles angefangen hat“, begrüßte Klubchef James Dolan kurz zuvor die spektakulärste Personalie dieser NBA-Saison: Trainerlegende Jackson ist nach fast drei Jahren als Privatier zurück in der NBA. Im feinen Anzug trat der 2,03-Meter-Mann ans Pult und wirkte sichtlich zufrieden: „Es ist einfach ein großartiges Gefühl, wieder hier zu sein.“
Jackson ist mit elf Meisterschaften der erfolgreichste Trainer der Liga-Geschichte. Mit den Chicago Bulls um Michael Jordan gewann er in den neunziger Jahren allein sechs Titel, bei den Los Angeles Lakers war es um die Jahrtausendwende erst das Duo aus Kobe Bryant und Center Shaquille O’Neal, später dann Bryant zusammen mit Flügelspieler Pau Gasol, die insgesamt fünf Trophäen in die Klubzentrale nach El Segundo holten. Alle teils väterlich, teils lehrmeisterhaft angeleitet von Jackson.
Wohl kein anderer Trainer hätte das scheinbar Unmögliche vollbracht, kapriziöse Egozentriker wie Bryant und O’Neal zu teamfähigen Spielern zu formen – nicht umsonst brachte ihm seine besonnene Art den Spitznamen „Zen-Meister“ ein. Jackson gilt als großer Anhänger fernöstlicher Philosophien, als eigenwilliger Intellektueller, genialer Taktiker und besessener Arbeiter, bei dem aber auch stets eine gewisse Distanz und Nonchalance mitschwingen.
Jetzt soll er den chronisch schwächelnden New York Knicks neues Leben einhauchen – Jackson war als Aktiver Teil der Meistermannschaften von 1970 und 1973. Die Durststrecke des traditionsreichen Klubs seitdem ist berühmt-berüchtigt, ebenso die Zeit nach der Jahrtausendwende, mit üppigen Verträgen für völlig überschätzte oder überalterte Profis.
Auch aktuell erinnern die Knicks – nach guten Ansätzen in den letzten Jahren – wieder mehr an ebenjene Chaostruppen denn an ein echtes Spitzenteam: die Playoffs sind heute außer Reichweite, der Rückfall in alte Zeiten scheint das anspruchs- wie erwartungsvolle Basketball-Mekka New York zu lähmen.
Dazu werden dem neuen Team-Präsidenten in der Personalpolitik vorerst wohl weitestgehend die Hände gebunden sein. Knapp 50 Millionen US-Dollar gehen bis Sommer 2015 allein an ein Problemtrio: Flügelspieler Amar’e Stoudemire taugt dank chronischer Knieprobleme nur noch zum Einwechselspieler, liegt aber mit aktuell 21,6 Millionen Dollar in der ligaweiten Gehaltsrangliste auf einem stolzen driten Platz. Center Tyson Chandler ist als Defensivkraft wiederum zu beschränkt in seinen Fähigkeiten im Angriff, und warum der oft so phlegmatisch und fahrig wirkende Italiener Andrea Bargnani in der kommenden Spielzeit 12 Millionen Dollar erhält, ist wohl nicht einmal ihm selbst klar.
Die maßlos überdimensionierten Verträge wird wohl kaum ein anderer Verein übernehmen wollen – und sie belasten so die Lohnliste der Knicks, die ohnehin weit über der Gehaltsobergrenze liegt. Neuverpflichtungen sind so unmöglich. „Wir haben jetzt eine Menge Arbeit zu tun“, weiß auch Jackson.
Warum er sich denn erstmals für einen Führungsposten und nicht für die Trainerposition entschieden hatte, wollte ein Reporter dann noch an diesem Dienstag wissen. Jackson antwortete: „Ich hatte fünf schwere Operationen in den letzten Jahren, an Knien, an den Hüften. Irgendwann habe ich begriffen: Ich bin zu alt, selbst zu spielen, und zu faul, zu coachen.“ Da war es wieder, dieses verschmitzte Lächeln des Phil Jackson.