: Wirtschaftliche Erholung verliert an Dynamik
KONJUNKTUR Deutsche Unternehmen haben den Einbruch in der Krise zu 60 Prozent wiedergutgemacht
BERLIN taz | Die Eckdaten liegen nah beieinander: 3,25 Prozent wird die Wirtschaft in Deutschland 2010 wachsen, schätzt das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW). 2011 soll es dann ein Plus von 2 Prozent sein. Nach Berechnungen des keynesianischen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) produzieren die inländischen Unternehmen und Beschäftigten 2010 3,5 Prozent und 2011 1,9 Prozent mehr Waren und Dienstleistungen als im Vorjahr. „Alles wird besser“, fasst das IW zusammen. IMK-Chef Gustav Horn aber warnt: „Die Erholung verliert an Dynamik.“
IW-Direktor Michael Hüther fordert nun ein zweites Sparpaket, um „die Haushalte schnellstens zu konsolidieren“. Horn dagegen erklärt, wie es weitergeht, hänge davon ab, „ob die Umverteilung von Löhnen und Gehältern zu den Gewinnen zum Stillstand gebracht werden kann“.
Die deutsche Wirtschaft hat sich schnell erholt, auch wenn von einem Aufschwung noch keine Rede sein kann: „Wir haben 60 Prozent des tiefsten Einbruchs der Nachkriegszeit aufgeholt“, so Horn. Aber 40 Prozent fehlten eben noch. Treibende Kraft ist der Export, vor allem nach China. In die EU-Länder insgesamt gehen aber immer noch knapp 63 Prozent der deutschen Exporte.
Weil es deutlich weniger ein- als ausführt, könne man jedoch „höchstens rein rechnerisch sagen, dass Deutschland das Wachstum in Europa anhebt“, so Horn. Real profitiere es von der Nachfrage aus den anderen Ländern. Immerhin werde aber auch der private Konsum 2010 um 1 Prozent zunehmen – nach dem Ende der Kurzarbeit haben die Menschen wieder mehr Geld. „Höhere Löhne schlagen also schnell positiv durch“, sagte Horn. Hier müsse man ansetzen, um neben dem Export eine zweite Säule für einen selbsttragenden Aufschwung zu errichten.
Die dürfte auch notwendig sein: Die USA werden wegen eigener Probleme vorläufig kein „Nachfragestaubsauger“ mehr sein können, China ist selbst daran interessiert, mehr zu exportieren, als zu importieren, also auch nicht unbegrenzt aufnahmefähig für deutsche Waren. Und von den europäischen Ländern ist wegen der anlaufenden Sparprogramme kein nachhaltiger Impuls zu erwarten. BEATE WILLMS