Sex kein zwingender Grund

REISEVERBOT Ein Iraker steht wegen Verstoßes gegen das Aufenthaltsrecht vor Gericht. Die Ausländerbehörde hatte ihm untersagt, den Landkreis zu verlassen, um seine Frau in Sachsen-Anhalt zu besuchen

Der 32-Jährige ist als Flüchtling nur geduldet und unterliegt der Residenzpflicht

Wegen eines Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz muss sich ein Iraker aus dem Landkreis Northeim am 14. Oktober vor Gericht verantworten. Die Anklage legt Ghassam Z. zur Last, ohne behördliche Genehmigung seine in Sachsen-Anhalt lebende Frau besucht zu haben.

Der 32-Jährige ist als Flüchtling nur geduldet. Er unterliegt damit der so genannten Residenzpflicht und darf den Kreis nur mit einer Reisegenehmigung verlassen. Seit Anfang 2009 ist Z. verheiratet. Seine Frau lebt mit zwei Kindern aus erster Ehe in Dessau (Sachsen-Anhalt).

Im Frühjahr wollte Z. die Ehefrau besuchen, auch um mit ihr Sex zu haben, und beantragte dafür eine „Verlassenserlaubnis“. Das Gesuch wurde abgelehnt. Eine solche Erlaubnis, belehrte die Ausländerbehörde den Antragsteller, werde entsprechend den gesetzlichen Vorschriften nur bei „bestehendem dringenden öffentlichen Interesse“ erteilt. Etwa, „wenn der Ausländer unter Zeugenschutz steht, oder zur Beschaffung von Heimreisedokumenten“.

Auch beim Vorliegen „zwingender Gründe“ könne eine Reiseerlaubnis gewährt werden – dazu zählten beispielsweise der Besuch eines Facharztes oder eines schwerkranken Familienmitglieds. Der Wunsch nach Sex mit der Ehefrau sei kein solcher Grund.

Das Amt führte auch an, dass der Flüchtling erklärt habe, mit seiner Frau nicht standesamtlich, sondern nur nach irakischem Recht verheiratet zu sein. Im Übrigen sei die Ehefrau im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis und „somit an keine räumliche Beschränkung gebunden“. Z. hatte zuvor darauf hingewiesen, dass die kleinen Kinder die Anwesenheit der Mutter in Dessau erforderten.

Nachdem Medien im Spätsommer über den Fall berichtet hatten, hatte der Landkreis Z. eine mündliche Verlassenserlaubnis für einen Besuch in Dessau erteilt. Die Reise, über die nun das Gericht verhandelt, hat der Iraker jedoch schon vorher unternommen. REIMAR PAUL