: Mehr Verkehr, weniger Umweltschäden
MOBILITÄT Die massiven Probleme des wachsenden Verkehrssektors dürfen nicht auf den CO2-Ausstoß reduziert werden, warnen Wirtschaftsforscher
BERLIN taz | Die Probleme, die der wachsende Verkehrssektor hervorruft, dürfen nicht auf den Ausstoß des klimaschädlichen Gases Kohlendioxid (CO2) reduziert werden. So sieht es jedenfalls das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), das am Dienstag in Berlin einen Sammelband mit mehreren Studien zum Thema „Verkehr und Nachhaltigkeit“ vorstellte. Zwar sei die deutsche Wirtschaft abhängig davon, dass Personen und Güter mobil seien, doch dem positiven Beitrag des Verkehrs zur ökonomischen Entwicklung stünden auch negative Folgen gegenüber, hieß es. Dazu zählten Umweltbelastungen, Lärm, Unfälle, Staus und die Zerschneidung von Landschaften.
Nach Ansicht der DIW-Forscher konzentriert sich die Diskussion über nachhaltigen Verkehr zu sehr darauf, die CO2-Emissionen zu reduzieren. Dies sei zwar wichtig, Probleme wie Unfälle oder Staus blieben so jedoch ungelöst. Zudem sei in Deutschland der Aspekt unterbelichtet, dass erst der Zugang zu Verkehrsmitteln den Menschen ermögliche, an der Gesellschaft teilzuhaben, stellte DIW-Verkehrsexperte Uwe Kunert fest.
Ein wichtiges Problem ist auch der Lärm. „Verkehrslärm ist nicht nur belästigend, er bedeutet auch gesundheitliche Risiken und damit hohe externe Kosten“, stellt der Lärmforscher Michael Jäcker-Cüppers fest. Es gebe jedoch kaum substanzielle Erfolge bei seiner Bekämpfung. „Besonders die Belastung durch den Straßenverkehr ist seit Jahren auf hohem Niveau.“
Als Grund dafür, dass sich beim Kampf gegen den Verkehrslärm so wenig tut, nennt Jäcker-Cüppers, dass die politischen Akteure in Deutschland und der EU ihm eine geringe Priorität einräumten. So müssen mittlerweile zwar Kfz-Reifen lärmarm sein. „Geräuschvorschriften für Straßendecken sind bislang aber nicht entwickelt worden.“ Jäcker-Cüppers fordert daher einen „gesetzlichen Anspruch auf Lärmsanierung“. Zu laute Straßen und Schienenwege müssten so umgebaut werden, dass gesundheitliche Risiken für Anwohner weitgehend ausgeschlossen werden, beispielsweise durch Nutzung des vergleichsweise teuren Flüsterasphalts. Dafür seien in Deutschland Investitionen in Höhe von etwa 4 Milliarden Euro für Straßen und von 2 Milliarden Euro für die Bahn nötig. RICHARD ROTHER