OFF-KINO : Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Alain Resnais’ „Letztes Jahr in Marienbad“ (1961) gehört zu den großen Klassikern der europäischen (Experimental-)Filmkunst: Konzipiert von Drehbuchautor Alain Robbe-Grillet, dem wohl exponiertesten Vertreter des Nouveau Roman, entfaltet sich die „Geschichte“ um einen Mann, der eine Frau davon zu überzeugen sucht, dass sie sich bereits im vorigen Jahr in einem mondänen Kurort kennen gelernt haben, unter völliger Aufgabe des Raum-Zeit-Kontinuums in einem Geflecht aus Imagination, Träumen, Erinnerungen und erotischen Obsessionen. Und so sehr sich unser Gehirn auch anstrengen mag: Einen herkömmlichen Sinn wird man nicht entdecken können in den beständigen Wiederholungen und Variationen von Erzählfragmenten sowie den eleganten Kamerafahrten entlang der labyrinthischen Hotelflure. Die Schauspielerin Françoise Spira war damals in einer Nebenrolle als Hotelgast dabei und machte mit ihrer stummen Super-8-Kamera Aufnahmen von den Dreharbeiten, die Volker Schlöndorff, seinerzeit 2. Regieassistent von Resnais, nun restauriert und kommentiert hat. Dieses ungewöhnliche „Making of“ stellt Schlöndorff am 13. Oktober im Gespräch mit dem französischen Publizisten Bernard-Henri Lévy und dem Filmjournalisten Rüdiger Suchsland in der Akademie der Künste (Hanseatenweg) vor; zuvor gibt es auch Resnais’ Meisterwerk noch einmal neu zu entdecken. (13. 9. Akademie der Künste)
Iris Gusners „Die Taube auf dem Dach“, ein Film aus der Defa-Produktion des Jahres 1973, überlebte sein damaliges Verbot nur zufällig: Auf den Dosen der Arbeitskopie stand ein anderer Filmtitel. Trotz gewisser Handicaps (die Schnittfassung entspricht nicht mehr ganz den ursprünglichen Intentionen der Regisseurin und die heutige Kopie ist schwarz-weiß, obwohl der Film in Farbe gedreht wurde) gehört „Die Taube auf dem Dach“ zweifellos zu den interessantesten DDR-Filmen der Zeit: In verschiedenen Szenen einer nicht fortlaufend und eher assoziativ erzählten Handlung geht Gusner der Frage nach, wie man leben möchte in der DDR, und übt dabei Kritik an einem längst bürokratisierten Sozialismus. Im Mittelpunkt der Geschichte steht dabei eine junge Bauleiterin, die gleichzeitig Affären mit zwei Männern beginnt, deren Haltungen und Motivationen in verschiedenen Nebenhandlungen weiter beleuchtet und kommentiert werden. Die Fragen der Protagonisten nach einem gangbaren eigenen Weg bleiben dabei so offen wie die Form, in der die Geschichte erzählt wird. (7.–13. 10. Tilsiter Lichtspiele, 7.–10./13. 10 Babylon Mitte)
Sklavenaufstand im alten Rom macht natürlich nur auf der Großleinwand etwas her, weshalb die Astor Film Lounge auch der richtige Platz für Stanley Kubricks „Spartacus“ ist. Dabei gehört der Film zu den intelligentesten des Monumental-Genres, denn er besitzt revolutionären Elan, reflektiert seine eigenen Schauwerte, und bietet Raum für großes Schauspiel – unter anderem vom gerade verstorbenen Tony Curtis und von Kirk Douglas in der Titelrolle. (10. 10. Astor Film Lounge) LARS PENNING