: Arberger Marsch jetzt gottverlassen
Aus Angst vor Enteignung gibt St. Johannis-Gemeinde Widerstand auf – und tauscht ihr Grundstück
Die evangelische Kirchengemeinde St. Johannis will nicht länger der Sand im Getriebe der Gewerbegebietsmaschinerie sein: Sie gibt ihre zehn Hektar in Bauabschnitt 2 der Arberger Marsch ab – und erhält im Gegenzug 17 Hektar im Bauabschnitt 5, direkt an der Landesgrenze. Damit macht sie den Weg frei für die Ausweitung der so genannten Hansalinie. Die Nachfrage in dem Gewerbegebiet läuft laut Bremer Investitions Gesellschaft (BIG) „sehr gut“ – besonders Zulieferer der Auto-Industrie hätten Interesse.
Noch vor vier Jahren galt die kleine Johannis-Gemeinde als ein Zentrum des Widerstands gegen das Mega-Gewerbegebiet. Die taz hatte einen „Hauch von Startbahn West, Wackersdorf oder Gorleben“ dort ausgemacht, als Pastor Friedhelm Blüthner vor die Protestler getreten war und den Grundsatzbeschluss des Kirchenvorstands bekannt gegeben hatte: „Wir verkaufen nicht“, hieß der damals.
Daran habe sich auch nichts geändert, sagt er heute. „Wir verkaufen nicht.“ Schließlich sei das, was man mit BIG ausgehandelt habe, ein Tausch. „Wir haben uns damit für das kleinere Übel entschieden.“ Das größere hätte Enteignung geheißen. Schließlich handelt es sich bei dem jetzt hergegebenen Stück Land nicht um sakral bebautes Gelände, sondern um Streuflächen.
Gisela Lohße-Trommsdorff, Sprecherin der Bürger-Initiative für den Marsch-Erhalt hält das für ein „vorgeschobenes Argument“. Indirekt bestätigt das ausgerechnet die BIG: „Enteignung“, so BIG-Sprecherin Juliane Lübker „wäre hier nicht möglich gewesen.“ Sich über das Privatinteresse hinwegzusetzen wäre der öffentlichen Hand nur bei den Teilstücken möglich gewesen, wo ein Straßenverlauf das Grundstück berühren soll. Geplant sei auf dem Gelände aber eine Gewerbenutzung.
„Natürlich ist das ein Schlag ins Kontor“ kommentiert Lohße-Trommsdorff den kirchlichen Sinneswandel. Und kein Verständnis kann sie dafür aufbringen, dass der Mitstreiter von einst „uns darüber nicht in Kenntnis gesetzt hat“. Stimmt, sagt Blüthner, „das habe ich verbaselt“. Die Tauschabsicht jedoch habe man schon im Frühjahr öffentlich gemacht – weil man keine Hoffnung mehr hatte: Tatsächlich ist rund um das Kirchen-Grundstück ausgekoffert worden – „nur noch wie ein mahnender Finger“ habe der Acker in den nackten Lehmboden geragt, so Blüthner. Und mit erhobenen Zeigefingern will die Theologie weiß Gott nicht mehr arbeiten.
bes