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Archiv-Artikel

Werder, Beck’s und Frauen

Ryanair richtet seine 17. europäische Basis in Bremen ein, wo die Iren ein eigenes Terminal bekommen. Das Nachsehen hat Lübeck, wo man sich ebenfalls Hoffnung gemacht hatte. Aber Ausbaustopp und Subventionsquerelen kamen dazwischen

aus Bremen Eiken Bruhn

Im Werder-Trikot stieg Michael O’Leary, Chef der Billig-Airline Ryanair gestern aus dem Flugzeug, eine riesige Ein-Euro-Münze im Arm. Wird Ryanair in Bremen Stewardessen auf Ein-Euro-Basis engagieren? Nein, die frohe Botschaft, die O’Leary höchstpersönlich den Bremern überbrachte, lautete: Ab dem Frühjahr wird seine Fluggesellschaft auch ab Bremen fliegen, in zunächst neun europäische Hauptstädte. Damit nimmt Bremen den zweiten Platz hinter Frankfurt-Hahn ein, im Schnitt steuert Ryanair von anderen deutschen Flughäfen nur drei Ziele an. Neue Kunden werden mit 50.000 Flügen für einen Euro gelockt.

Damit hat ein jahrelanger Poker zwischen Ryanair und dem Bremer Flughafen ein Ende gefunden. Bisher scheiterten die Verhandlungen laut Flughafen-Chef Manfred Ernst stets daran, dass Ryanair wie an den anderen Regionalflughäfen – zum Beispiel in Lübeck –, niedrigere Gebühren zahlen wollte als andere Airlines. „Ryanair bezahlt voll alle anfallenden Flughafenentgelte sowie die staatlichen Entgelte wie Luftsicherheitsgebühr und die Gebühren der Flugsicherung“, so Ernst. Er sei immer an so genannten „Low-Cost-Carriern“ interessiert gewesen, da sie dem Flughafen zusätzliche Passagiere bescheren würden.

Doch so ganz ohne Zusatz-Zuckerln wird es auch in Bremen nicht gehen. „Football, beer and women“, so behauptete Ryanair-Chef O’Leary, seien der Grund gewesen, warum Ryanair sich dafür entschieden hat, in der Hansestadt seine 17. europäische „Basisstation“ aufzubauen, also nicht nur Flieger starten und landen zu lassen, sondern sie auch zu warten. Tatsächlich sind es weniger Werder, Beck’s und die Frauen, die Ryanair nach Bremen gezogen haben, sondern die Möglichkeit, hier ein eigenes Terminal – eine umgebaute Halle neben dem Flughafengebäude – zu bekommen. Zehn Millionen US-Dollar soll Ryanair dafür auf den Tisch legen. Außerdem werde sich der Flughafen Bremen an Marketing-Aktionen beteiligen, sagte Ernst. Das sei normal und im Eigeninteresse des Airports, der es bisher nicht geschafft hat, seine Fluggast-Zahlen wesentlich zu erhöhen.

Für Ernst ist die Ansiedlung von Ryanair dennoch „kein Selbstzweck“. Man sehe sich in einer „dienenden Funktion gegenüber der Stadt und der gesamten Wirtschaftsregion“.

Die 1.000 Arbeitsplätze, die O’Leary gestern vollmundig versprach, werden jedoch noch auf sich warten lassen. Zunächst werden nur 150 Leute neu eingestellt – Techniker und Besatzung. Ob alle Flugbegleiterinnen und Piloten ihren Wohnsitz in Bremen oder im Bremer Umland haben werden, ist fraglich. Die fehlenden 850 Arbeitsplätze würden sich „drum herum“ ergeben, so O’Leary. Damit bezog er sich auf Schätzungen, nach denen eine Million Passagiere rund 1.000 Arbeitsplätze nach sich ziehen. Bremer Politiker waren gestern dennoch begeistert: „Tausend Arbeitsplätze“, jubelte die wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU, Sybille Winther.

Neidisch müssen gestern die Lübecker Politiker nach Bremen geschaut haben. Ursprünglich sollte nämlich in Lübeck eine der Basisstationen eingerichtet werden. Doch damit wird es zunächst erst einmal nichts, genau so wenig wie mit der angekündigten Ausweitung des Angebots. Der Grund: Der Ryanair zugesagte Ausbau des Flughafens – inklusive Landebahn – lässt auf sich warten, weil Naturschutzverbände und eine Nachbargemeinde dagegen geklagt hatten. Lübecks Wirtschaftssenator Wolfgang Halbedel (CDU) wies gestern weit von sich, dass die Lübecker jetzt um den einzigen nennenswerten Nutzer ihres Flughafens zittern müssen. „Das wird keine Auswirkungen haben“, sagte er. Allerdings räumte er ein, dass ein Teil der Fluggäste aus Niedersachsen in Zukunft wahrscheinlich eher Bremen als Lübeck ansteuern werden.

Ernst hingegen versprach, den anderen norddeutschen Flughäfen Konkurrenz machen zu wollen. Das Einzugsgebiet sei schließlich 200 Kilometer.

Eric Heymann vom Forschungsinstitut der Deutschen Bank, das vor einem Jahr eine Studie zu Regionalflughäfen veröffentlicht hatte, erinnerte daran, dass sowohl für Bremen als auch für Lübeck der Hamburger Flughafen der Hauptkonkurrent bleibt. Allerdings könnte Bremen im Gegensatz zu Lübeck seiner Ansicht nach tatsächlich von Ryanair profitieren, weil mit den bereits vorhandenen Linien genug Passagiere angezogen würden, damit sich auch die „Nebengeschäfte“ rechnen, sprich Gastronomie und Einzelhandel. Für Ryanair sei Bremen hoch interessant, weil der Flughafen direkt in einer Großstadt liegt und damit auch für Geschäftsleute attraktiv sei.