Kunstrundgang
: Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um

Fritz Balthaus, Monika Stricker: bis 18. November, Di–So 10–18 Uhr, Villa Grisebach Gallery, Fasanenstraße 25

Die Kunstausstellung ist umgeben von einem zwar sichtbaren, dennoch selten wahrgenommenen, komplexen Regelwerk, das die Architektur ebenso betrifft wie etwa die Organisation von Zeitabläufen. Fritz Balthaus nennt dieses Regelwerk den „unmarked space“ der Kunst und erprobt immer wieder neue Verfahren, die ästhetische Dimension dieses „unmarked space“ sichtbar zu machen. Damit aber formatiert er ihn in einen „marked space“ um und definiert das Regelwerk im Umgang mit Kunst, intelligent und provokativ, selbst als Kunst. Die wuchtige Lichtskulptur, die sich dem Besucher der Villa Grisebach Gallery wie eine Barriere entgegenstemmt – denn sie nimmt gut zwei Drittel der Raumfläche ein und hängt dazu noch auf halber Raumhöhe: ist sie überhaupt eine Lichtskulptur? Ja und nein. Nachdem sie Fritz Balthaus in die Hände fiel, durchaus. Im Moment davor aber war sie einfach das Beleuchtungssystem des Galerieraums. Das edel mit Leinen verkleidete Strahlergeviert gab vor Jahren einmal das Vorbild für die Beleuchtung des Kupferstichkabinetts ab. Auch dort senkte Balthaus das Lichtsystem ab, wodurch es Skulptur wurde. So hatte er, im Radius von 2 Kilometern, an zwei Punkten eine exakte Doppelung. Die Intervention im Kupferstichkabinett schmückt nun die Einladungskarte der Villa Grisebach Gallery, die ja ebenfalls zu besagtem Regelwerk gehört. Monika Stricker, die 1978 in Düsseldorf geborene Newcomerin, schließt sich auf gewitzte Weise diesem Spiel an. Sie findet ihr Motiv in der Grenze zwischen Kunstraum und Straße, genauer den schmiedeeisernen Fenstergittern der Villa Grisebach. Sie gibt es heute im Baumarkt, als Abklatsch eines gutbürgerlichen Auftritts, den Stricker ironisch-frech ins Feudal-Barocke steigert, indem sie die Gitter versilbert und zwischen Spiegel stellt.