: Der Papst im Biergarten
betr.: Besuch vom Papst in Bayern
Die Papstreise hätte auch ganz anders verlaufen können: Eine Reise in einem Zweite-Klasse-Abteil von Rom nach München oder wenigstens von München nach Altötting und Regensburg hätte Zeit zu Gesprächen mit anderen Zugreisenden gegeben. Statt zu dozieren, zu richten und zu predigen, hätte der Papst einmal zuhören und erfahren können, was die Menschen heute wirklich beschäftigt. Er hätte sich dabei von Gandhi leiten lassen können, der im Zug Indien durchreist hat, um sein Volk besser kennen zu lernen.
In München angekommen, hätte Joseph Ratzinger dann – auf einem (Draht)Esel wie Jesus – die „Armen und Bedrängten“ aufsuchen können: in (Abschiebe-)Gefängnissen, in Obdachlosen- und Altenheimen, in Aidshospizen. Die ca. 60 Papamobile wären zugunsten dieser Armen versteigert worden. Mit Hartz-IV-Empfängern hätte er sich in einem Biergarten über die Verarmung breiter Bevölkerungsschichten und die Auswirkungen des Neoliberalismus unterhalten können, zusammen mit einigen arbeitslosen Damen aus dem Rotlichtmilieu. Der, als dessen Stellvertreter er sich bezeichnet, hatte es so gehalten. Die Sicherheitsbeamten hätte er nach Hause zu ihren Lieben schicken können. Er wäre immer noch weniger gefährdet gewesen als sein Meister und die vielen Christen – Nonnen, Bischöfe, Priester, „Laien“ –, die im Einsatz für die Rechte der Ärmsten in Lateinamerika, Afrika und anderswo ihr Leben riskieren.
Nach diesen ersten vertrauensbildenden Schritten hätte es schließlich sogar anerkennende Worte für die Kirche der Armen und die Theologie der Befreiung geben können, auch wenn diese vom jetzigen Papst in den letzten Jahrzehnten Hand in Hand mit der US-Regierung rigoros bekämpft worden sind. Bei Gott ist ja bekanntlich kein Ding unmöglich … nicht einmal – und das hätte sich als krönender Abschluss der Reise angeboten – eine großmütige Entschuldigung des Papstes Benedikt XVI. bei all den Theologinnen und Theologen, die er als Präfekt der Glaubenskongregation ohne rechtsstaatliches Verfahren verurteilt hat. ANSGAR FLEISCHER, Freiburg