: Rechte Personalpolitik im Schloss-Café
Nach den sensationellen Wahlergebnissen in einigen Gemeinden im Nordosten will die NPD dort mit steuerfinanzierten Bürgerbüros ihren Einfluss weiter ausbauen. Und im Schweriner Schloss werden Profis aus Sachsen die Rechtsextremen führen
VON ASTRID GEISLERUND MICHAEL BARTSCH
Zwei rechtsextreme Führungskader aus Sachsen sollen künftig die Arbeit der NPD im Schweriner Landtag steuern: Peter Marx, seit zwei Jahren Geschäftsführer der sächsischen NPD-Fraktion, wechselt in gleicher Funktion in das Landesparlament Mecklenburg-Vorpommerns. Als Referent für Sozialpolitik soll ihn Stefan Rochow, der Vorsitzende der NPD-Jugendorganisation, unterstützen. Er war bisher Referent der sächsischen Fraktion. Dies hätten die sechs NPD-Abgeordneten gestern bei einer Sitzung im Schweriner Schloss-Café beschlossen, sagte Marx der taz.
Der Ort des Zusammentreffens war kein Zufall, sondern Ergebnis eines ersten Gerangels der Rechtsextremen mit der Landtagsverwaltung: NPD-Multifunktionär Marx hatte für die erste „Fraktionssitzung“ der Rechtsextremen einen Sitzungssaal beantragt. Doch die Landtagsverwaltung lehnte ab. Da die Zusammensetzung des neuen Landtags bisher nicht offiziell feststehe, könnten sich noch keine Fraktionen gründen, sagte ein Landtagssprecher. Daher hätten die NPDler vorerst auch keinen Zutritt zum Landtag. Den Rechtsextremen blieb nur das für jedermann zugängliche Schloss-Café für ihre erste Sitzung.
Mit Marx wird einer der bundesweit wichtigsten Strippenzieher der Partei die Parlamentsgeschäfte der Rechtsextremen in Schwerin leiten. Der Jurist galt in Sachsen als der Organisator und eigentliche starke Mann der rechtsextremen Landtagsfraktion. Als Medienprofi schirmte er die unerfahrenen Parlamentarier von der Presse ab.
Nach Angaben von Marx verteilten die NPD-Vertreter gestern bereits die wichtigsten Führungsposten: NPD-Spitzenkandidat Udo Pastörs wird Fraktionschef, als Stellvertreter sind NPD-Landeschef Stefan Köster und der in der militanten Kameradschaftsszene aktive Ueckermünder Neonazi Tino Müller vorgesehen. Köster werde außerdem parlamentarischer Geschäftsführer.
Klar ist seit gestern, dass die militanten Kameradschaften auch im Mitarbeiterstab der NPD-Fraktion mitmischen werden. Der Rostocker Jurastudent David Petereit werde als Referent des Abgeordneten Birger Lüssow arbeiten, sagte Marx. Petereit gilt als Mitbegründer der „Märkischen Aktionsfront“ (MAF) und als führender Kopf der militanten Neonaziszene im Nordosten. Laut Marx nahm er bereits als „Gast“ an der gestrigen Sitzung im Schweriner Schloss teil.
Zwei Tage nach der Wahl zeichnet sich zudem ab, wie die NPD ihren Einzug in den Landtag zur weiteren Verankerung in der Provinz nutzen wird: „Alle Abgeordneten werden Bürgerbüros eröffnen“, kündigte Marx an. Sicher sei, dass der Neu-Parlamentarier Michael Andrejewski einen Außenposten in Anklam eröffne. Das Büro solle schon im Oktober die Arbeit aufnehmen und auch praktische Hilfe für Hartz-IV-Empfänger anbieten. Für diese Arbeit können die Rechtsextremen eine hauptberufliche Fachkraft einstellen, denn den NPD-Parlamentariern steht – wie allen anderen – ein aus der Steuerkasse finanzierter Wahlkreismitarbeiter zu.
„Mein Schwerpunkt wird weiter in der Region liegen“, hatte NPD-Parlamentsneuling Andrejewski kurz vor der Wahl im taz-Gespräch angekündigt. In seinem Wahlkreis wurde die Partei mit Rekordergebnissen jenseits der 30-Prozent-Marke in einigen Gemeinden die stärkste politische Kraft. Sein „Privatprojekt“ sei es nun, den Raum Anklam zu „einer verbotsfesten Hochburg“ zu machen und auf die Kommunalwahlen 2009 vorzubereiten, sagte Andrejewski. Er sitzt seit 2004 bereits im Stadtrat und Kreistag. Von der Landtagsarbeit erhoffe er sich „Nachschub für die Arbeit in der Region“.
Auch in Sachsen haben acht der neun NPD-Abgeordneten Bürgerbüros eröffnet – zum Teil allerdings mit Verzögerung. Anfänglich hatten die Rechtsextremen erhebliche Schwierigkeiten, weil ihnen niemand Räume vermieten wollte. Dieses Problem muss die NPD angesichts ihrer Wahlergebnisse im Nordosten wohl nicht fürchten.