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Archiv-Artikel

Nazis schaffen keine Jobs

Trotz der Erfolge rechter Parteien bei den Bezirkswahlen stehen wichtige Anti-Nazi-Projekte vor dem Aus. Grund: Der Bund will die Förderung nicht verlängern. Mitarbeiter melden sich arbeitslos

VON JONAS MOOSMÜLLER

Namhafte Anti-rechts-Projekte in Berlin stehen vor dem Aus. „Morgen in der Mittagspause melde ich mich arbeitslos“, sagt Bianca Klose, die Leiterin der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR). Der Grund: Zum Ende des Jahres läuft das Förderprogramm „Civitas“ der Bundesregierung aus. Seit 2001 haben Berliner Initiativen daraus jährlich rund 500.000 Euro erhalten. Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (VDU) will, dass fortan das Land Berlin dafür aufkommt. Das sieht sich dazu aber nicht in der Lage. Stattdessen will von der Leyen mit einem neuen Förderprogramm neue Projekte unterstützen.

Akut bedroht ist jetzt nicht nur die MBR mit Sitz in Mitte, sondern noch drei weitere erfolgreiche Anti-rechts-Projekte: Die Opferberatung Reach Out in Kreuzberg, die „Netzwerkstelle gegen Fremdenfeindlichkeit Mosquito“ in Pankow und das kommunale Beratungszentrum „Ostkreuz“ in Marzahn.

Gerade im Hinblick auf die Wahlerfolge der NPD – die Partei schaffte am Sonntag erstmals den Sprung in vier Bezirksparlamente – kann Bianca Klose über die Pläne des Familienministeriums nur den Kopf schütteln: „Es wirkt bizarr, dass bewährte Projekte abgewickelt werden, während die Rechtsextremen ihren Wahlerfolg feiern.“ Ihr sei unbegreiflich, dass das über fünf Jahre erworbene Know-how im Kampf gegen rechts nun zerschlagen würde. Die acht Mitarbeiter der MBR würden zum Ende des Jahres arbeitslos.

Auch Sabine Seyb, Mitarbeiterin von Reach Out, versteht nicht, warum langjährig tätigen Projekten der Boden unter den Füßen weggezogen werden solle. Seit Sommer 2001 berät Reach Out Opfer und Zeugen rechtsextremer Gewalt. Dabei ginge es gerade nicht darum, „die Welt nochmal neu zu erfinden“, sondern um den langfristigen Aufbau eines Vertrauensverhältnisses zu den Betroffenen. Die Arbeit von Reach Out sei nötiger denn je: In diesem Jahr habe man schon mehr als 90 Opfer rechter Übergriffe betreut – mehr als im gesamten vergangenen Jahr. Sollte sich in den nächsten Tagen nicht doch noch eine Fortsetzung der Förderung ergeben, würden die fünf Mitarbeiter von Reach Out arbeitslos.

Das Land will für den Bund nicht in die Bresche springen. Bereits jetzt unterstützt der Integrationsbeauftragte Günter Piening die Civitas-Projekte mit 350.000 Euro. „Wir können diese Initiativen nicht alleine finanzieren“, sagt Piening. Sollte sich der Bund nicht zu einer neuen Finanzierungsform für die langfristig angelegten Strukturprojekte durchringen können, käme eine „verheerende Entwicklung“ auf Berlin zu. Das „Skelett der Arbeit gegen rechts“ würde wegbrechen. Noch gebe er aber die Hoffnung nicht auf, dass sich der Bund besinnen würde.

Ein Fünkchen Hoffnung hat auch Bianca Klose noch. Der Runde Tisch der Berliner Parteien hätte vor den Abgeordnetenhauswahlen ein Papier verabschiedet, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, die Strukturprojekte in eine Regelfinanzierung zu überführen. Außerdem würden sich SPD, PDS und Grüne auf Bundesebene für eine alternative Finanzierung engagieren. Eine Entscheidung muss jedoch schnell kommen: „Für uns ist es kurz vor zwölf“, warnt Bianca Klose.

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