HEIKO WESTERMANN, FLEXIBEL : Verloren am Rand
■ der 27-Jährige spielte bei Schalke 04, Arminia Bielefeld und Greuther Fürth, ehe er zum Hamburger SV kam. Foto: dpa
Als Semih Sentürk den Ball kurz nach seiner Einwechslung über die rechte Angriffsseite der Türkei trieb, erstreckte sich vor ihm weites Land. Und es war niemand in der Nähe, der dieses Land verteidigen wollte.
Denn Heiko Westermann übertrieb es an diesem türkischen Abend im Berliner Olympiastadion mit der Gastfreundschaft. Als Notlösung auf der Position des linken Verteidigers erstarrte er immer wieder in Verunsicherung und es war einzig der unerwartet abgeklärten Vorstellung Holger Badstubers zu verdanken, dass Westermanns Integrationsversuche keinen Schaden anrichteten. Ganz links ist Westermann in etwa so deplatziert wie Philipp Missfelder.
Nur stellt sich die Frage, wo sein Platz ist. Vom HSV vor dieser Saison als Innenverteidiger verpflichtet, war Westermann auf Schalke in den vergangenen Jahren zum defensiven Allzweckdouble umfunktioniert worden. Mal spielte er innen, mal außen, links oder rechts und am Ende sogar im defensiven Mittelfeld. Westermann begegnete diesem Wechselspiel mit konstant souveränen Leistungen. Auch deshalb gehört er fest zum deutschen WM-Kader.
Löw mag Spieler wie Westermann. Nur ein Kahnbeinbruch verhinderte dessen Reise nach Südafrika. Die Verletzung wurde zur Zäsur. Die einstige Stärke des 27-Jährigen, überall spielen zu können, ist heute ein Handicap und erschwert die Selbstfindung auf dem Platz. Dabei befindet sich Westermann in einer Phase, die über seine Zukunft in der Nationalelf entscheiden könnte. Auch deshalb hatte die Rollenverteilung am Freitagabend Symbolcharakter.
Während Westermann wackelte, übernahm Badstuber Verantwortung. Löw wird auch das registriert haben. Es sieht so aus, als würden die jüngeren Hochbegabten den einstigen Musterschüler endgültig aus der Defensivzentrale an den Rand drängen. LUKAS VOGELSANG