: „Bürgermeisterwahl unklug aufgeladen“
Der Münsteraner Verwaltungswissenschaftler Janbernd Oebbecke über die Einigungschancen der NRW-Koalition
taz: Herr Oebbecke, die CDU ist gegen eine Entkopplung von Bürgermeister- und Ratswahlen, die FDP aber vehement für getrennte Wahltermine. Wie könnte ein Kompromiss aussehen?Janbernd Oebbecke: Wenn es der einen Seite gerade auf die Kopplung, der anderen auf die Entkopplung ankommt, ist ein Kompromiss in dieser Frage nicht möglich. Es bleibt nur, dem Nachgebenden an anderer Stelle entgegenzukommen.
Angeblich soll die FDP mit Kompensationen bei anderen Punkten der Gemeindereform abgefunden werden. Wo wäre das möglich?An der einen oder anderen Stelle mag es gewisse Kompensationsmöglichkeiten geben. Unklugerweise ist die Frage der Bürgermeisterwahl inzwischen so stark aufgeladen worden, dass es schwer fallen wird einen Punkt mit ausreichendem Gewicht zu finden.
Die FDP will ja unbedingt eine Stärkung der Persönlichkeitswahl. Wäre da eine Abfindung für die Liberalen drin?Vielleicht gelingt das im Kommunalwahlrecht, von dem es in der Koalitionsvereinbarung heißt, es solle die Einführung des Kumulierens und Panaschierens geprüft werden. Damit würde die Bedeutung der einzelnen Persönlichkeit bei der Ratswahl deutlich gestärkt.
Wie wichtig ist die Gemeindereform überhaupt für NRW? Hat sich die letzte Novelle von 1994 nicht bewährt?In den Grundzügen hat sich die Reform von 1994 bewährt. In einigen kritischen Punkten ist sie inzwischen ja nachgebessert worden; die meisten Änderungen gingen sicher in die richtige Richtung. Ich fände es schade, wenn etwa die Verstärkung der Stellung des Bürgermeisters bei den Personalentscheidungen für die Verwaltung nicht gelänge. Gerade im Blick auf die häufiger werdenden „Kohabitationslagen“, in denen der Bürgermeister politisch anders orientiert ist als die Ratsmehrheit, sollte er Einfluss darauf nehmen können, wer seine Mitarbeiter sind.
Was wäre, falls nur eine abgespeckte Version der neuen Gemeindeordnung in Kraft tritt? Würde das der kommunalen Demokratie schaden?Auch wenn die Novelle jetzt nicht käme, wäre die Kommunalverwaltung im Lande nicht in ihrer Existenz gefährdet.INTERVIEW: MARTIN TEIGELER