: „Auf dem Kopf trage ich, was ich will“
Mindestens acht Lehrerinnen in NRW unterrichten trotz gesetzlichem Verbot weiter mit Kopftuch. Gegen sie will das Ministerium jetzt hart durchgreifen. Maryam Brigitte Weiß unterrichtet an einer Haaner Hauptschule. Mit Kopftuch
taz: Frau Weiß, liegt auf Ihrem Schreibtisch schon die Kündigung?
Maryam Brigitte Weiß: Nein. Meinem Schulleiter gefällt es nicht, dass ich ein Kopftuch trage. Er schätzt mich aber als Lehrerin und findet, dass das nichts miteinander zu tun hat.
Warum ist Ihnen dieses Tuch so wichtig, dass Sie eine Kündigung riskieren?
Eigentlich hatten wir an unserer Schule beschlossen, das Problem unter der Hand zu regeln. Niemand hat meine Entlassung gefordert, ich musste nur eine Stellungnahme an das Ministerium schicken. Jetzt hat der WDR meinen Namen veröffentlicht, was ich meiner Schule gerne erspart hätte. Möglicherweise muss das Ministerium jetzt reagieren.
Ablegen werden Sie das Kopftuch aber trotzdem nicht?
Auf keinen Fall. Ich trage, was ich will. Weil ich ein Kopftuch trage, soll ich möglicherweise Verfassungsfeindliches denken, sagt das Gesetz. Dabei ist das einzig Verfassungsfeindliche das NRW-Schulgesetz.
Wieso?
Es werden nicht alle Religionen gleich behandelt, wie es die Verfassung vorsieht – und das Verfassungsgericht 2003 noch einmal bestätigt hat. Kippa und Kreuz dürfen in NRW in den Schulen bleiben. Auch werden explizit muslimische Frauen diskriminiert. Provokant gefragt: Was ist mit dem Bart der muslimischen Männer? Gendergerecht im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes ist das Gesetz damit nicht.
Sie legen also Ihr Tuch ab, wenn Kippa und Kreuz verboten werden.
Ich hoffe nicht, dass es dahin kommt. Ich wünsche mir einen säkularen Staat, der allen Religionen Raum gibt.
Kritiker sehen in dem Kopftuch auch ein Symbol für die Unterdrückung der Frau. Muslimische Männer müssen es schließlich nicht tragen.
Ich trage mein Kopftuch freiwillig und so sieht es meine Religion auch vor. Es ist eine religiöse Vorschrift, wie auch das Fasten. Sie zu befolgen, ist immer freiwillig. Natürlich gibt es muslimische Frauen, die Schreckliches erlebt haben. Das hat aber nichts mit dem Kopftuch zu tun, sondern mit der Kultur ihrer Heimat. Ich lasse mich von niemanden unterdrücken, auch nicht von meinem Staat. Dieses Gesetz fordert meine Zivilcourage heraus.
Werden Sie von Schülern auf das Tuch angesprochen?
Sie sagen höchstens: Das passt aber heute gut zu Ihrer Bluse. Sonst hat in beinahe 15 Jahren mit Kopftuch niemand etwas dazu gesagt, weil alle mit meinem Unterricht zufrieden sind.
Sie sind vor fast 15 Jahren konvertiert. War das gleichzeitig die Entscheidung für das Kopftuch?
Ja. Wenn ich etwas tue, mache ich es zu hundert Prozent. Damals war ich schon einige Zeit Lehrerin an meiner Schule. Ich habe meinen Schulleiter darüber informiert, dass ich nicht mehr als evangelische Religionslehrerin eingesetzt werden kann und künftig mit Kopftuch unterrichten werde. Jetzt unterrichte ich nur noch Deutsch, Erdkunde, Geschichte, Wirtschaft, Hauswirtschaft und Biologie.
Auch Fächer, in denen mögliche Indoktrination befürchtet wird.
Das ist doch absurd. Wenn das mein Ziel wäre, könnte ich meine Schüler doch viel besser manipulieren, wenn ich meine Religion verstecken würde.
INTERVIEW: MIRIAM BUNJES