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Archiv-Artikel

Wahlrecht passend gemacht

Um die Wahlrechtsänderung noch vor der Kandidatenaufstellung über die Bühne zu bringen, verlängert die CDU eigenmächtig gesetzliche Fristen. Die Opposition wittert Manipulation

von Marco Carini

Alle Tricks scheinen erlaubt: Weil sie nach monatelangen innerparteilichen Kontroversen um die von ihr geplante Änderung des Wahlrechts Gefahr läuft, dieses nicht mehr rechtzeitig beschließen zu können, will die CDU-Fraktion die Novelle noch einmal zu ihren Gunsten nachbessern. Per Tischvorlage wird sie heute einen Eilantrag in die Bürgerschaft einbringen, der die Fristen für die Kandidatenaufstellung der Parteien um vier Monate nach hinten verschiebt.

Hintergrund der „Lex CDU“: Nach den gültigen Bestimmungen würde die Kandidatenkür bereits im November beginnen, ein rechtmäßig beschlossenes Wahlrecht müsste bis dahin vorliegen. Gelänge es der CDU nicht, die zwei nötigen Gesetzesbeschlüsse heute und am 11. Oktober in der Bürgerschaft durchzustimmen, könnte sie das umstrittene Gesetz einmotten. Um das zu verhindern, beschloss die CDU-Fraktion am Montagabend, die Aufstellungsfristen im Wahlgesetz so zu verkürzen, dass ihr für die Verabschiedung desselben bis März 2007 Zeit bleibt.

SPD und GAL reagierten gestern empört auf diese neue Wendung. Während der GAL-Verfassungsexperte Farid Müller von einer „kurzfristigen Manipulation des Wahlrechts“, spricht, bei der es der CDU „nicht um das Gemeinwohl, sondern allein um ihre Machtinteressen geht“, sieht SPD-Fraktionschef Michael Neumann in dieser Trickserei „eine vorsätzliche Beschädigung der Demokratie“. Die politische Verantwortung hierfür trage Bürgermeister Ole von Beust, der bei der Fraktionssitzung am Montagabend, auf der die erneute Wahlrechtsänderung beschlossen wurde, anwesend war.

Vor dem Beschluss war es am Montag in der CDU-Fraktion zu einer kontroversen Diskussion über die geplante Wahlrechtsnovelle gekommen, in der mehrere Abgeordnete vor den „politischen Risiken“ der Wahlrechtsänderung gewarnt hatten, gegen die die GAL bereits eine Verfassungsklage angekündigt hat. Doch am Ende der Debatte, in der von Beust sogar die Rücknahme der Pläne angeboten hatte, stimmte laut Fraktionschef Bernd Reinert die „sehr große Mehrheit dafür, am Fahrplan festzuhalten“ und das Gesetz so bald wie möglich zu beschließen.

Lediglich der CDU-Abgeordnete Bruno Claußen kündigte erneut an, dem Entwurf seine Stimme zu verweigern. Erst wenn drei Unionsabgeordnete aus der Fraktionsdisziplin ausscheren, droht der CDU eine Abstimmungsniederlage.