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Archiv-Artikel

„Bloße Erschöpfung ist zu wenig“

KUR II Anne Schilling vom Müttergenesungswerk über Rechte und Pflichten auf dem Weg zu einer Kur

Anne Schilling

■ 57, die Politikwissenschaftlerin war Frauenbeauftragte in Heilbronn. Seit zehn Jahren leitet sie das Deutsche Müttergenesungswerk. Foto: Müttergenesungswerk

taz: Frau Schilling, an wen können Eltern sich wenden, wenn sie eine Mutter- oder Vater-Kind-Kur beantragen wollen?

Anne Schilling: Um sich vorab über Kurmaßnahmen zu informieren, empfiehlt sich der Besuch einer örtlichen Beratungsstelle der Wohlfahrtsverbände. Die Mitarbeiter helfen beim Stellen des Kurantrags, beim eventuellen Widerspruch und auch bei der Auswahl der passenden Klinik.

Wann haben Mütter und Väter denn ein Anrecht auf eine Kurmaßnahme?

Es gibt keine Erholungskuren. Vater- und Mutter-Kind-Kuren sind medizinische Maßnahmen. Sie brauchen also ein ärztliches Attest, um es bei der Krankenkasse einzureichen. In diesem sollte möglichst detailliert die Art der Erkrankung beschrieben sein und warum eine Kurmaßnahme notwendig ist. Bloße Erschöpfung ist zu wenig. Und es geht vor allem auch immer um die Beziehung zwischen Elternteil und Kind und die Belastung innerhalb der Familie.

Wie lange kann es dauern, bis die Kasse sich zurückmeldet?

Gesetzlich ist die Kasse verpflichtet, den Kurantrag binnen drei Wochen zu bewilligen oder abzulehnen. Wenn Sie innerhalb dieser Zeitspanne keine Rückmeldung erhalten, sollten Sie dringend nachfragen.

Wer entscheidet über die Wahl der Klinik?

Die Krankenkasse entscheidet, aber der Patient hat ein Wunsch- und Wahlrecht. Wenn sich beispielsweise herausstellt, dass während des Kuraufenthalts nur zwei oder drei andere Väter in der Klinik sind, empfehle ich dem Vater, sich etwas anderes zu suchen und bei der Krankenkasse Widerspruch einzulegen. Denn in einer so kleinen Runde ist kein echter Austausch möglich.

Wie stehen denn die Chancen, dass ein Kurantrag auch bewilligt wird?

Vor drei Jahren lag die Erstablehnungsquote bei 35 Prozent. Es gab keine klaren Regelungen darüber, wer Anspruch auf eine Kur hat und wer nicht. Mittlerweile gibt es eine Begutachtungsrichtlinie vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die das Müttergenesungswerk mitgestaltet hat. Seither ist die Ablehnungsquote drastisch gesunken. 2012 lag sie nur noch bei 19, im ersten Halbjahr von 2013 bei rund 13 Prozent. Die Chancen auf eine Bewilligung sind momentan sehr gut.  KATHARINA GIPP

Anonymer Kur-Test: www.muettergenesungswerk.de/kurtest.html