: Queer genug?
FILMFESTIVAL Dahinter steckt ein ganzes Jahr ehrenamtlicher Arbeit: Zum 21. Mal präsentieren die Lesbisch Schwulen Filmtage das ganze Spektrum queeren Filmemachens
Melissa Pritchard, Kurzfilm-Programmkoordination
VON KENDRA ECKHORST
„Es ist immer noch besser mit 300 Lesben im Metropolis zu sitzen, als einen DVD-Abend zu Hause zu machen“, sagt Melissa Pritchard über die Anziehungskraft der Lesbisch Schwulen Filmtage. Und über ihre eigenen Beweggründe. Seit 2005 sichtet sie für das einwöchige Programm des Festivals die eingereichten Kurzfilme.
Auch für dieses Jahr hat sie mit sieben weiteren Filmbegeisterten das Programm zusammengestellt, das ab nächsten Dienstag für sechs Tage die Leinwände von B-Movie, Metropolis, Polittbüro und Passage-Kino bespielt. Ein Programm, für das sie sich neben einem Vollzeitjob das ganze Jahr über durch mindestens 500 Filme zappt und streitet, um schließlich 130 Filme präsentieren zu können.
„Ist der Film queer genug?“ ist eine der Fragen, die neben der technischen Umsetzung und der Relevanz des Themas diskutiert und auch per Mehrheitsentscheidung entschieden werden. Wie bei „The Owls“, einem Film der Afroamerikanerin Cheryl Dunye, der die Unsichtbarkeit von Lesben um die vierzig thematisiert und eine gebrochene Story auslegt, in der die Darstellerinnen ihre Figuren kommentieren. Als zu experimentell befanden einige des Sichtungsteams den Film. Am Ende aber kam er mitsamt seiner begleitenden „Making of“- Dokumentation „Hooters“ doch ins Programm.
Eingesammelt werden die Filme überwiegend auf anderen Festivals von Turin bis San Francisco, die das Team besucht. Vorschläge zu Filmen kommen aber auch von sogenannten Satelliten – Menschen, die auf ihren Reisen über Filme stolpern oder FilmemacherInnen treffen. So entstand auch der diesjährige Schwerpunkt zu Brasilien. Einige gute Filme entstanden hier in den letzten Jahren und dokumentieren eine queere Geschichte Brasiliens, erzählt Joachim Post, der seit 13 Jahren Filme sichtet. So zeigt „Dzi Croquettes“ eine Drag-Theater-Gruppe in den frühen 70er Jahren, die mit Glitzer und langen Wimpern gegen die Militärdiktatur anstöckelten.
„Seit sechs Jahren tauchen deutlich mehr Dokumentationen im Programm auf, da Spielfilme eher auf DVD erscheinen, auch nimmt das Publikum diese Filme begeistert auf“, erklärt Post die Programmveränderung. Wichtig ist dem LSF-Team dabei auch, ein breites Spektrum von schwulen, lesbischen, queeren, transgender und intersexuellen Themen abzubilden und diese möglichst gleich zu gewichten.
Ein Grund, den Festivalnamen um das „International Queer Filmfestival“ zu ergänzen. Der Name Lesbisch Schwule Filmtage aber bleibt: wegen der 21-jährigen Geschichte des Festivals – und „um sich nicht hinter schick klingenden Worten zu verstecken“, sagt Post.
Über die Jahre ist das Festival gewachsen, inspiriert Filmverleihe und schart ein Stammpublikum um sich. Allein 15.000 Menschen kamen im letzten Jahr, diskutierten mit den FilmemacherInnen und tanzten in der „Nachtbar“. „Die Atmosphäre gibt es nicht so häufig, familiär und aufregend zugleich, sie entschädigt für den Stress des ganzen Jahres“, sagt Melissa Pritchard.
■ Di, 19. 10., bis So, 24. 10., im Metropolis, Steindamm 54; Passage, Mönckebergstraße 17; Polittbüro, Steindamm 45; B-Movie, Brigittenstraße 5; Infos und Programm: www.lsf-hamburg.de