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Archiv-Artikel

Entscheidungsschlacht bei VW

Bei den Tarifverhandlungen um die Zukunft der sechs westdeutschen Volkswagen-Werke zeichneten sich gestern Fortschritte ab. „VW hat seine Blockadehaltung aufgegeben“, heißt es bei der IG Metall. Heute wird weiter verhandelt

Die Delegationen schritten sich Hände schüttelnd ab wie Fußballteams nach der Nationalhymne, dann schlossen sich gestern früh die Türen im verspiegelten „Saal Hannover“ in einem Hotel am ebendortigen Flughafen. Die Matadoren sind die Verhandler von VW-Management und IG Metall. Gestern kamen sie zur wohl alles entscheidenden dritten Runde der Tarifgespräche für die sechs westdeutschen VW-Standorte zusammen.

Erneut begann das Pokern um die Zukunft der rund 100.000 Mitarbeiter. Zur Zeit arbeiten sie regulär 28,8 Stunden pro Woche und bekommen dafür etwa 20 Prozent mehr als Kollegen im Tochterkonzern Audi oder andere Metallarbeiter. Das ist den VW-Bossen zu viel, zumal die Werke in Wolfsburg, Emden, Hannover, Salzgitter, Braunschweig und Kassel nicht nur Verluste im dreistelligen Millionenbereich machen, sondern auch nicht voll ausgelastet sind. Am liebsten wäre VW die Rückkehr zur 35-Stunden-Woche, natürlich ohne Lohnausgleich.

Die Arbeit mache nur 17 Prozent der Produktionskosten aus, wiederholen die Metaller gebetsmühlenartig. Sie sehen das Problem eher in schlecht organisierten Produktionsabläufen. Weniger Lohn ohne konkrete Zusagen für Investitionen und neue Modelle werde es nicht geben. Vor allem geht es den Arbeitnehmervertretern darum, dass der ab 2008 produzierte neue Golf und ein weiteres Modell im Stammwerk Wolfsburg produziert wird, aber auch um eine „beschäftigungsorientierte“ Lösung für die vom Verkauf bedrohte Gießerei in Hannover. Gegen Zugeständnisse bei der Arbeitszeit sind auch Gewinnbeteiligung der Beschäftigten oder ein Vorziehen der erst für Januar geplanten Tarifverhandlungen vorstellbar.

„Es steht Spitz auf Knopf“, begann der Verhandlungsführer der IG Metall, Hartmut Meine, gestern das Muskelspiel – und drohte erneut mit dem Abbruch der Verhandlungen: „Wenn das hier weitergehen soll, muss VW klare Aussagen machen.“ Sein Kontrahent auf VW-Seite, Klaus Dierkes, bestätigte: Die Verhandlungen seien „in einer schwierigen Phase“.

Mit einem Scheitern rechnet aber niemand, obwohl durchsickerte, dass die Gespräche gestern Früh kurz vor dem Scheitern standen. Das Feilschen dauerte nach Redaktionsschluss noch an. Am Nachmittag wurden „leichte Fortschritte“ ruchbar, aber noch kein weißer Rauch. Laut IG Metall, hat „VW seine Blockadehaltung aufgegeben“. Heute wird weiter verhandelt. KAI SCHÖNEBERG