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Archiv-Artikel

Die Renaissance des Aluwerks

Absichtserklärung über Verkauf unterzeichnet. Essener Firma will die Hamburger Hütte spätestens Ende Oktober wieder anfahren. Möglich macht das der hohe Metallpreis. Stadt übernimmt die Altlastensanierung in Millionenhöhe

VON GERNOT KNÖDLER

Jetzt geht doch, was noch vor einem knappen Jahr für unmöglich erklärt wurde: die Weiterführung der Aluminium-Produktion in Hamburg. Die drei Eigentümer des Hamburger Aluminium-Werks (HAW) und die Essener Trimet Aluminium AG bekundeten gestern ihre Absicht, die Hütte an Trimet zu übertragen. Die Einzelheiten des abzuschließenden Kaufvertrages sollen bis Ende Oktober ausgehandelt werden. Damit würden bis zu 400 von ehemals 440 Arbeitsplätzen neu geschaffen.

Das HAW war Ende vergangenen Jahres geschlossen worden, obwohl sich schon damals der Unternehmer Jürgen Großmann bereit erklärt hatte, den Betrieb zu übernehmen. Die Eigentümer – die US-amerikanische Alcoa, die österreichische Amag und allen voran die norwegische Hydro Aluminium – lehnten ab: Angesichts der hohen Strompreise in Deutschland sei es nicht möglich, das Werk mit einem ausreichenden Grad an Rentabilität zu betreiben. Es sei zu befürchten, dass das Werk unter einem neuen Eigentümer Pleite gehe und Regressforderungen auf die Alteigentümer zukämen. Dieses Risiko wolle man nicht eingehen.

Großmann, der Eigentümer der Georgsmarienhütte Holding, hatte dagegen behauptet, er habe ein „tragfähiges und nachhaltiges Übernahmeangebot vorgelegt“. Überdies habe er „eine Freistellungsverpflichtung abgegeben, welche die Altgesellschafter gegen eine nochmalige Zahlung der Schließungskosten absichern sollte“. Ähnlich sah das die Wirtschaftsbehörde, die wochenlang Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt hatte, um die Schließung zu verhindern. Nicht einmal ein Aluminium-Krisengipfel beim damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) konnte die Norweger und ihre Kompagnons umstimmen.

Der Grund dafür, dass sie jetzt einem Verkauf zugestimmt haben ist, ist schlicht: Die Aluminiumpreise haben sich vervielfacht. Das Metall habe im langjährigen Mittel um die 1.500 Dollar pro Tonne gekostet, sagte Volker Stutz als Vertreter der Eigentümer. Inzwischen sei der Preis anlog zu den Preisen für andere Metalle explodiert. Anfang dieses Jahres habe die Tonne 3.500 Dollar und mehr gekostet. Heute liege der Preis bei 2.400 Dollar und werde dort wohl mittelfristig bleiben.

„Das ist eine Situation, bei der die Trimet einsteigen kann“, sagte Stutz. Nach Einschätzung der HAW-Eigner ermöglicht es der hohe Absatzpreis der Trimet, das Werk neu auszurichten, so dass es mittelfristig lebensfähig wäre. Dass sie das könne, habe die Trimet in Essen bewiesen, wo die Firma ein ebenfalls von der Pleite bedrohtes Aluminiumwerk flott machte. Hilfreich ist dabei auch, dass der Strompreis mittlerweile wieder nachgibt. Der sinkende Ölpreis macht‘s möglich. Die erwartete Senkung der Netznutzungsentgelte dürfte ebenfalls dazu beitragen.

„Dass Energie in Deutschland zu teuer ist, ist klar“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Trimet, Heinz-Peter Schlüter. Seine Firma habe sich daher auf Marktnischen spezialisiert. Sie versorge ihre Kunden just in time und erspare ihnen damit Lagerhaltungskosten. Außerdem liefere sie besonders hochwertiges Aluminium, das nur in Deutschland herzustellen sei. In ihrem Essener Werk hat die Trimet im vergangenen Jahr auf diese Weise bei einem Umsatz von 400 Millionen Euro einen Gewinn von 20 Millionen erwirtschaftet.

Der Verkauf der HAW setzt voraus, dass die städtische Hafenbehörde Hamburg Port Authority (HPA) sich verpflichtet, die bisher entstandenen Umweltschäden auf dem Gelände zu beseitigen, wenn das Werk einmal abgerissen wird. Die Wirtschaftsbehörde handelte dafür einen zweistelligen Millionen-Betrag aus, den die HPA für die Altlastensanierung zurücklegen muss. Die Alt-Gesellschafter müssten sich somit nicht um eine Sanierung kümmern, sagte Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) und betonte: „Es werden keine Subventionen gezahlt.“ Der Sanierungsaufwand sei von der Umweltbehörde mit Hilfe von Gutachtern ermittelt worden.

Schlüter kündigte an, Trimet werde das Werk nach Vertragsabschluss „so schnell wie möglich hochfahren“. Dafür werde seine Firma mehr als 20 Millionen Euro ausgeben. Das Investitionsbudget für die ersten zwölf Monate betrage weitere 20 Millionen Euro. Verhandlungssache sei, ob das Aluminiumwerk in Zukunft die benachbarte Gießerei und das Walzwerk nutzen werde. Beide gehören Hydro-Aluminium. Trimet erwäge überdies, mittelfristige eine weitere Gießerei zu bauen.

Von den ehemals 440 Beschäftigten des Aluwerks betreuen 30 die stillgelegte Anlage. Weitere 100 seien in einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft angestellt, sagt der Betriebsratsvorsitzende Karl-Heinz Dieck. Der Rest hat den Vorruhestand angetreten oder eine mehr oder weniger sichere andere Arbeitsstelle gefunden. „Wir hoffen darauf, dass möglichst viele der gekündigten Kollegen wieder eingestellt werden können“, sagt Dieck.