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Archiv-Artikel

AFGHANISTAN-TRUPPEN: FATALE FOLGEN EINES GEMEINSAMEN KOMMANDOS Wie die Bundeswehr in den Krieg gerät

Seit gestern befindet sich die Bundeswehr in Afghanistan mitten im Antiterrorkrieg der USA. Denn gleichzeitig mit der Entscheidung des Bundestags, den Einsatz um ein weiteres Jahr zu verlängern, hat die Nato als Oberkommando der Isaf-Truppen beschlossen, auch die US-Truppen in Afghanistan ihrem Kommando zu unterstellen. Ein folgenreicher Schritt. Denn damit ist die Trennung hinfällig, die einst die Isaf-Truppen – die die neuen Institutionen des afghanischen Staates schützen sollten – von den US-Kampftruppen – die dort als Teil der Kampagne „Enduring Freedom“ den Terrorismus zu bekämpfen haben – unterschied.

Schon seit die Isaf am 1. August auch die Kontrolle über den Südabschnitt des Landes übernommen hat, schnellen die Todeszahlen der Nato-Truppen in die Höhe. Auch wenn die Bundesregierung beteuert, dass sie deutsche Truppen nicht im Süden einsetzen will – die Logik des Krieges wird zwingend dazu führen, dass Berlin diese Haltung nicht lange durchhält. Denn wenn alle zusammen verantwortlich sind, warum sollen dann nur Kanadier (dreißig Soldaten in knapp zwei Monaten), Holländer, Dänen und US-Amerikaner sterben?

Das deutsche Engagement in Afghanistan führt Schritt für Schritt in den Krieg hinein. Zuerst geht die Bundeswehr hin, um der US-Regierung den Wind aus den Segeln zu nehmen, weil deutsche Soldaten nicht an der Irakinvasion teilnehmen sollen. Dann redet man sich ein, die Bundeswehr könne, während im Süden heftig gekämpft wird, im Norden bei bewaffneter Entwicklungshilfe bleiben. Dann kommen die deutschen Truppen mit den Kampfeinheiten unter ein gemeinsames Kommando. Und dann – bald – schnappt die Falle zu, und die Nato und mit ihr die Bundeswehr stecken in einer ähnlichen Lage wie jetzt die USA im Irak: Es gibt militärisch nichts zu gewinnen, aber ein Abzug würde als Sieg der Taliban gelten.

Wer immer noch glaubt, das Problem al-Qaida mit allen seinen Verästelungen sei militärisch lösbar, ist selbst schuld. Angesichts des Debakels im Irak laufen die Deutschen in die afghanische Katastrophe. JÜRGEN GOTTSCHLICH