: Guidos Fledermäuse
Wie sich FDP-Chef Westerwelle höchstselbst einem flatternden Problem zuwendet, das aber gar keines ist
BERLIN taz ■ FDP-Chef Guido Westerwelle will es genau wissen. „Wer Fledermäusen im eigenen Garten helfen möchte, der sollte sie mit Leckerbissen anlocken“, lautet ein Satz in der Broschüre „Fledermäuse schützen“ aus dem Bundesumweltministerium. Wenig später heißt es: „Anlocken lassen sich die Tiere nicht.“ Westerwelle, dessen Fledermaus-Leidenschaft bisher nicht bekannt war, schrieb deshalb einen Brief an das Umweltministerium.
Der Fraktionschef und Bundesvorsitzende der Freien Demokraten Deutschlands bittet darin die Bundesregierung um eine Erklärung für den „inhaltlichen Widerspruch“ in der Fledermausbroschüre. Des Weiteren erkundigte er sich über die Gesamtkosten und die Auflage der Broschüre. Wer einen tieferen Sinn hinter der Aktion vermuten will, der ist wohl hier an der richtigen Stelle. Denn am selben Tag ging im Umweltministerium ein weiteres Schreiben aus der FDP-Bundestagsfraktion ein. Claudia Winterstein, Mitglied im Haushaltsausschuss, fragte nach Kosten, Teilnehmerzahlen, Kooperationspartnern und Schulungsorten im Rahmen der deutschen Beteiligung an Eurobat, dem Zusammenschluss von über 30 europäischen Nationen mit dem Ziel, Fledermäuse zu schützen.
Die Frage nach Kosten und Nutzen ist Aufgabe einer Oppositionspartei. Im Frühjahr etwa war dem parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Jürgen Koppelin, die Publikation zum 20. Jahrestag der Tschernobyl-Katastrophe aus dem Bundesumweltministerium in die Hände gefallen, in der Hausherr Sigmar Gabriel nach Koppelins Ansicht reine SPD-Positionen vertrat. Üblicherweise werden in solchen Broschüren abgestimmte Regierungspositionen vertreten. Gabriels Verhalten war demnach nicht ganz astrein.
Dieses Mal hat sich sogar der Bundesvorsitzende höchstselbst eingemischt. Mit magerem Ergebnis. Das Umweltministerium beantwortete alle seine Fragen und die von Claudia Winterstein wunschgemäß: Mit 30 Cent pro Exemplar sei die Broschüre „erstaunlich preiswert“. Die Eurobat-Schulungsprojekte seien ein Erfolg. Und was die Frage des Fraktionsvorsitzenden bezüglich des Widerspruchs angehe, der bestehe nicht, heißt es. In den eigenen Garten ließen sich die Tiere durchaus locken, wenn er viele Leckerbissen wie Spinnen und Insekten beherbergt. Nur dauerhaft bleiben würde die recht ortstreue Spezies nicht. Insofern sei anlocken nicht möglich. Das sei so ziemlich deutlich in der Fledermausbroschüre nachzulesen gewesen. Aber der „Doppelvorsitzende der Liberalen höchstpersönlich“ habe die Broschüre „dann doch nicht allzu sorgfältig gelesen“.