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Archiv-Artikel

Die grüne Wiese der Republik

Was viele fürchteten, ist nach dem Ende des Senatswettbewerbs zum Schlossplatz eingetreten. Eine grüne Wiese soll als temporäre Freiraumgestaltung realisiert werden. Es ist die banalste Lösung. Der Mut für andere Entwürfe fehlte

Kurz vor Beginn des Wettbewerbs zur Freiraumplanung auf dem Schlossplatz hatte der Bund Deutscher Landschaftsarchitekten noch Hoffnung: „Der Ort hat für die langfristige städtebauliche Entwicklung mehr verdient als eine Wiese mit einzelnen Interventionen“, sagte im Januar 2006 der Vorsitzende des Landschaftsverbandes Jens Henningsen der taz. „Sowohl was die Nutzung als auch die Aufenthaltsqualität angeht, ist ein grundsätzliches Nachdenken nötig.“

Es ist bekannt, dass Henningsens Hoffnung nicht erhört wurde. Der europaweite Wettbewerb für die Schlossplatz-Gestaltung nach dem Abriss des Palastes der Republik brachte als Siegerentwurf die „Wiese“. Das Berliner Büro „relais Landschaftsarchitekten momentum 3“ ging als Gewinner der von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ausgelobten Konkurrenz hervor. Die Architekten schlagen in ihrem Entwurf eine über mehrere Ebenen gestaffelte Rasenfläche vor, die von Holzstegen gesäumt und durchzogen wird. Zur Spree hin steigt die Gestaltung mit einer treppenartigen Erhöhung an. Betrachtet man den Entwurf, dessen riesige Rasenfläche in dem weiten Raum kaum Halt hat, gewinnt man den Eindruck, dass es für Nutzer beim Thema „Aufenthaltsqualität“ gerade schwierig werden könnte.

Das Projekt soll 2,1 Millionen Euro kosten. Die Bundesregierung steuert 64 Prozent der Kosten bei, das Land Berlin übernimmt die restlichen 36 Prozent. Wann Baubeginn für die Landschaftsarchitekten sein wird, ist noch nicht abschließend geklärt. Bis mindestens ins Jahr 2008 wird der Abriss des Palastkomplexes dauern.

Keine grüne Decke, die sich über alles legt, sondern die pure Wirklichkeit des Ortes wählte die zweitplatzierte Architektengruppe „Urban Catalyst“ mit ihrem Entwurf „Spezifische Unbestimmtheit“ zum Thema. Über platt gewalzten, grauen Schuttresten auf dem Schlossplatz verteilten die Architekten einen Stangenwald mit Lichtern. Die Atmosphäre erinnert an eine Landschaft nach dem Waldbrand, wo letzte Stämme vom Niedergang, der Katastrophe, zeugen.

Der Entwurf ist eine Provokation, Aufenthaltsqualität besitzt auch er nicht. Doch er hätte die „grundsätzliche“ Frage – nämlich was seit 1989 aus diesem Ort gemacht wurde – immer aufs Neue gestellt. Vielleicht wäre dies die bessere Lösung für die Freiraumgestaltung gewesen. Denn sie fordert die notwendige Bebauung für die Zukunft mit heraus. ROLF LAUTENSCHLÄGER