Schietsturm überm Tiefwasserhafen

INFRASTRUKTUR Der Jade-Weser-Port lässt Gärreste aus Biogasanlagen auf seinen Brachen verteilen. Der Dünger soll Gras wachsen lassen über den ruhenden Tiefwasserhafen

Die Lage beim Jade-Weser-Port ist Mist. Alle Jubeljahre läuft mal ein Containerschiff den Tiefwasserhafen an. Jetzt hat die Hafenverwaltung die Konsequenz gezogen und lässt Gülle auf die brach liegenden Areale fahren. Der Dünger soll Gras auf der heutigen Sandwüste wachsen lassen, so dass der Seewind das mühsam aufgeschüttete Material nicht fortblasen kann.

Für den Jade-Weser-Port haben die Länder Niedersachsen und Bremen eine Halbinsel in der Nordsee aufschütten lassen. Auf dem seeseitigen Teil mit 120 Hektar strecken Containerbrücken ihre Arme in den Himmel. Die landseitigen 170 Hektar – der „Hafengroden“, ein Logistikgelände fast so groß wie die Hamburger Hafencity – sind bis auf eine Niederlassung der Firma Nordfrost leer. Das wird wohl noch eine Weile so bleiben: Gerade erst haben die Beschäftigten des Terminals einer Lohnkürzung von 15 Prozent zugestimmt, weil es so wenig zu tun gibt.

„Versucht man damit jetzt andere Einnahmequellen für die verwaisten Industrie- und Gewerbeflächen zu erschließen?“, fragte kürzlich die Wilhelmshavener „Freie Liste für Bildung, Arbeit, Soziales, Umwelt“ (Basu). Das neue Konzept für den Hafen scheine darin zu bestehen, Sand in Agrarland zu verwandeln.

Die Basu befürchtet, dass das Gelände dazu missbraucht wird, überschüssige Gülle zu verklappen, mit möglicherweise negativen Folgen für das Grundwasser oder die Nordsee. „Alle halbe Stunde kommt ein Gülletanklastwagen aus Cloppenburg oder Friesland“, erregte sich Barbara Ober-Bloibaum von der Wählerliste. Ein Trecker verteile dann die „lecker riechende Brühe“ auf dem Gelände.

Aus Sicht der Wilhelmshavener Stadtverwaltung ist der Knackpunkt tatsächlich, wie die ausgebrachten „Gärreste“ zu bewerten sind. Werde der Hafengroden als landwirtschaftlich genutzte Fläche betrachtet, gälte die Gülle als Dünger, sagt der Stadtsprecher Arnold Preuß. Andernfalls wäre die Gülle als Abfall zu behandeln. Die Fachleute der Stadt zerbrechen sich den Kopf über diese Frage. Heute Abend will sich der Wilhelmshavener Umweltausschuss mit dem Thema befassen.  KNÖ