Hertha stolpert sich an die Spitze

Nach dem 2:2 gegen Stuttgart steht Hertha ganz vorn in der Bundesliga, ohne großen Einsatz. Die Berliner spielen matt und müde, die Fans aber sind zufrieden

Hertha BSC Berlin durchwanderte zuletzt ein Wellental. In der Bundesliga gelangte man vor zwei Wochen mit der Tabellenführung der Bundesliga in ungewöhnte Höhen. Im Uefa-Cup dagegen erlitt man den absoluten Tiefpunkt der bisherigen Saison. Die Hertha-Profis schieden gegen Odense, ein im euopäischen Maßstab zweitklassiges dänisches Team, aus. Nun gegen den VfB Stuttgart also wieder die Tabellenführung?

Tatsächlich. Wobei es gestern für Hertha während eines Spiels hoch und runter ging. Am Ende kam dabei ein Unentschieden (2:2) heraus und das genügt derzeit in der Bundesliga schon für die Tabellenführung. Manager Dieter Hoeneß hatte vor dem Spiel eindringlich gewarnt, den Erfolg in der Liga als Selbstläufer zu betrachten. Nach dem Scheitern im Uefa-Cup argwöhnte er, dass manche Spieler diese Sicht übernommen haben. Trainer Falko Götz musste einen ähnlichen Eindruck gewonnen haben. Denn überraschenderweise ließ er Fathi und Ebert auf der Bank. Gezwungenermaßen musste sich Götz wieder mit der Frage beschäftigen, wie man Yildiray Bastürk am besten ersetzen kann. Vor dem Spiel hatte der Stuttgarter Trainer Achim Veh unumwunden zugegeben, wie lieb es ihm sei, auf Hertha ohne Bastürk zu treffen.

Dieses Mal probierte Falko Götz das Problem mit einer taktischen Umstellung zu lösen. Anstatt der üblichen 4-4-2 Aufstellung verstärkte Götz das Mittelfeld (3-5-2). Neuendorf, Dardai, Boateng und Cairo sollten abwechselnd in die zentrale Position vorstoßen.

Die Begegnung begann, wie man sich ein attraktives Fußballspiel nur wünschen kann. Auf taktisches Geplänkel wurde völlig verzichtet. Die Abwehrreihen nahmen ihre Aufgabe nicht sonderlich genau. Und schon stand es nach nur 14. Minuten 2-1 für Hertha. Gomez hatte die Stuttgarter in Führung gebracht. Friedrich und Pantelic drehten innerhalb von zehn Minuten das Spiel. Besonders sehenswert war dabei, wie sich Pantelic trotz zweier Gegenspieler mit einem schönen Drehschuss durchsetzten konnte. Nach der attraktiven Anfangsphase besannen sich die Spieler jedoch in der Folgezeit wiederum mehr auf ihre strategischen Aufgaben. Es kehrte Ordnung in die Partie. Die Berliner erwiesen sich aber auch in dieser Spielart als die bessere Mannschaft. In der zweiten Halbzeit war das Publikum zunächst damit beschäftigt, auf der Anzeigetafel das Geschehen in Leverkusen zu verfolgen. Die Fans gierten wieder nach dem Spitzenreitergefühl. Die Stuttgarter hatte man schon völlig vergessen. Diese lenkten dann in der 56. Minute die Aufmerksamkeit wieder auf das Spielfeld. Cacau köpfte nämlich zu diesem Zeitpunkt den Ball über Fiedler ins Tor. Kurz darauf hätte Gomez und wieder Cacau sogar die Stuttgarter in Führung bringen können. Die Berliner Abwehrreihe war völlig durcheinander geraten. Das Spiel wurde wieder ähnlich intensiv geführt wie in der ersten Viertelstunde. Die Chancen häuften sich auf beiden Seiten. Weder Berlin noch Stuttgart wollte sich mit dem Unentschieden zufrieden geben. Beide verfolgten das ehrgeizige Ziel, ihre makellose Heim- (Hertha) beziehungsweise Auswärtsbilanz (VfB) auszubauen.

Diese Begegnung war nichts für Taktikliebhaber. Anscheinend sorgten die zahlreichen personellen Umstellungen in beiden Teams für einige Verwirrung. Profiteure davon waren die 48 637 Zuschauer, die eine Vielzahl an Torraumszenen vorgetragen bekamen. Die Trainer dagegen waren die Leidtragenden. Sie litten fast über die ganze Spielzeit und fanden kaum Gelegenheit, sich hinzusetzen. Johannes Kopp