: „Was hast du an?“, fragt der Abgeordnete
Endlich haben die US-Republikaner im Wahlkampf zu den Kongresswahlen ein Problem, das schlimmer ist als George Bush: Einer ihrer Abgeordneten hat Schülerpraktikanten regelmäßig sexuelle Avancen gemacht. Seine Ausrede: Er war betrunken
VON BERND PICKERT
Fünf Wochen vor den wichtigen Kongresswahlen in den USA erschüttert ein neuer Skandal die Wahlkampfbemühungen der konservativen Republikaner. Am Freitag musste der republikanische Abgeordnete Mark Foley aus Florida zurücktreten, weil ihm nachgewiesen werden konnte, dass er zu mehreren männlichen 16-jährigen Schülerpraktikanten im Kongress sexuelle Kontakte suchte. Eine Reihe veröffentlichter E-Mails und Chatprotokolle zeigen, dass der 54-jährige Foley mehrfach solche Jugendlichen sexuell belästigte. Ein Dialog: „Maf54 (Foley): Was hast du an?xxx: T-Shirt und Shorts […]Maf54: Würde ich dir gerne runterziehenxxx: HahaMaf54: Und die einäugige Schlange greifen.xxx: Heute nicht … werd nicht zu aufgeregtMaf54: Du bist doch hartxxx: StimmtMaf54: Und ein bisschen geilxxx: Stimmt auchMaf54: Hol ein Lineal und miss ihn für mich“
Das Pikanteste an der Affäre: Foley gehörte seit Jahren dem Kongress-Komitee für verschwundene und ausgebeutete Kinder an, das sich um Fragen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger kümmert.
Nun ist Foley zurückgetreten, die rund 2,7 Millionen US-Dollar, die er bislang in seiner Wahlkampfkasse hatte, gehen an die Republikanische Partei. In seinem Wahlbezirk in Florida wird ein anderer für Foley antreten – allerdings wird das ein Geisterwahlkampf, denn auf den bereits gedruckten Wahlzetteln erscheint weiterhin Foleys Name. Er selbst ließ durch seinen Anwalt erklären, er habe die inkriminierten E-Mails stets betrunken geschrieben und habe jetzt einen Alkoholentzug angetreten.
Nachdem alle US-Medien die Affäre übers Wochenende extensiv begleitet haben, ist inzwischen die Führung der Republikaner im Repräsentantenhaus, insbesondere Sprecher Dennis Hastert, unter Druck geraten. Die nämlich sollen schon 2005, spätestens aber im Frühling dieses Jahres von den E-Mail-Kontakten Foleys gewusst haben, ohne etwas zu unternehmen. Hastert mochte sich vor der Presse in Washington nicht an solche Informationen erinnern und beschrieb sich vielmehr als weiteres Opfer Foleys, der auch ihn jahrelang getäuscht habe.
Wer da aber wen getäuscht hat, das lässt die Medien nicht so schnell los: Einigen Berichten zufolge seien schon 2001 Schülerpraktikanten von ihren Vorgesetzten vor Annäherungsversuchen Foleys gewarnt worden.
Sicher ist: Die Republikaner, stets Verteidiger traditioneller Familienwerte, haben ein Problem. Demokratische Kandidaten haben sofort begonnen, aus der Affäre Kapital zu schlagen, und ihre republikanischen Widersacher öffentlich aufgefordert, keine Wahlkampfgelder aus der Parteizentrale anzunehmen. In aufgeregten Debatten fordern republikanische Wahlkämpfer ein spektakuläres Zeichen ihrer Führung. Wie das aussehen könnte, wussten sie auch nicht zu sagen.