: Die Schmiergeldzahler sind überall
Bestechung im Ausland ist vor allem bei aufstrebenden Exportmächten weit verbreitet, findet Transparency International heraus. Am schlimmsten läuft es in Indien, China und Russland. Exportweltmeister Deutschland ist mit Rang 7 gut bedient
von BEATE WILLMS
In den meisten Exportnationen ist Bestechung seit Jahren strafbar. Das heißt aber nicht, dass es sie nicht gibt. Und vor allem nicht, dass die dort ansässigen Unternehmen auch in anderen Ländern keine Schmiergelder zahlen. Den Beweis dafür liefert der Antikorruptionsverband Transparency International mit seinem Bribe-Payers-Index 2006 (BPI). 11.000 Geschäftsleute in 125 Ländern haben die Experten befragt, um herauszufinden, in welchem Maße die führenden 30 Exportnationen Bestechung nutzen, um Geschäfte abzuschließen. Fazit: Kein Land kann von sich behaupten, frei von Schmiergeldzahlern zu sein.
„Es gibt Unterschiede, doch keinen wirklichen Gewinner“, sagte die Vorsitzende von Transparency International, Huguette Labelle. Tatsächlich liegen die einzelnen Ergebnisse dicht beieinander. Bei zehn möglichen Punkten bekam die Schweiz als Spitzenreiter nur drei Punkte mehr als Indien – und landete gerade so im oberen Viertel der vorgegebenen Skala. „Auch Unternehmen der reichsten Länder zahlen häufig routinemäßig Bestechungsgelder, insbesondere in Entwicklungs- und Schwellenländern“, heißt es im BPI.
Deutschland landet auf Platz 7. Allerdings gestehen die Transparency-Experten dem Exportweltmeister einen Bonus zu: Mit einem Weltmarktanteil von 9,5 Prozent hat das Land fast achtmal so viel Auslandsaufträge ergattert wie die Schweiz oder das zweitplatzierte Schweden. Damit ist Deutschland nicht nur sehr viel abhängiger vom Export, es hat auch „viel mehr Gelegenheiten für korruptive Verwicklungen“, sagte der Vorsitzende von Transparency Deutschland, Hansjörg Elshorst. „Man muss nicht Weltmeister im Schmieren sein, um sich auf immer stärker umkämpften Märkten als Exportweltmeister zu halten.“
Allerdings erklärte Elshorst auch, dass Platz 7 zwar im internationalen Vergleich ein Erfolg sei. Doch auch deutsche Firmen seien „stärker in Korruption verwickelt, als die deutsche Öffentlichkeit und die deutschen Staatsanwälte das wahrnehmen“.
In der Schlussgruppe der BPI-Rangliste finden sich die wirtschaftlich rasant wachsenden Länder Indien, China und Russland. „Mit wachsendem Einfluss geht wachsende Verantwortung einher“, sagte Labelle. Für die drei Schlusslichter sei „dies deshalb die richtige Zeit, sich an die Vorschriften der OECD-Konvention gegen Bestechung zu binden“.
Dass deren Ratifizierung allein jedoch nicht genügt, um Korruption zu unterbinden, zeigt das Beispiel Türkei. Dort wurde die OECD-Konvention bereits vor drei Jahren Gesetz. Trotzdem landete das Land im BPI-Index nur auf dem viertletzten Platz – „problematisch für ein Land, das sich um die EU-Mitgliedschaft bemüht“, so Transparency. Schließlich stelle sich nun die Frage, wie ernst Ankara das eigene Gesetz nimmt.
„Das Ziel der OECD-Konvention war auch, bei Korruption im Ausland den Druck zu Hause zu verstärken“, sagt Elshorst. Dieses Ziel sei jedoch offenbar noch nicht erreicht. In Deutschland etwa erhielten die Staatsanwaltschaften einerseits zu wenig Hinweise aus dem Ausland. Ihnen fehlten aber auch sowohl Ressourcen als auch eine zentrale Stelle, bei der die Informationen zusammenlaufen könnten.
Ebenso wie die Behörden rief Elshorst die Unternehmen auf, sich „im eigenen Interesse“ mehr anzustrengen. Schließlich würden diese selbst „Opfer ihrer meist leitenden Angestellten“. Potenzielle Hinweisgeber wie Mitarbeiter oder Geschäftspartner müssten ermutigt und gegen Repressionen geschützt werden. Elshorst: „Bewährt haben sich Ombudsleute und dialogfähige Hotlines.“