Delmenhorst überbietet Neonazi

Im Immobilienpoker mit dem NPD-Anwalt Rieger zeichnet sich ein Ende ab: Der umstrittene Delmenhorster Hotelier will sein Haus nun offenbar der Stadt verkaufen

DELMENHORST taz ■ Nach monatelangem Pokern ist die Stadt Delmenhorst zuversichtlich, den Verkauf des „Hotels am Stadtpark“ an den Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger endgültig abwenden zu können: Auf einen Sondersitzung beschloss der Rat der Stadt am Donnerstag, dem Besitzer des Hotels 3 Millionen Euro für die Immobilie zu bieten. Das ist ebenjene Summe, für die der Hotelier Günter Mergel in Aussicht gestellt hatte sein Gebäude an die Stadt zu verkaufen.

„Wir haben bereits die Zusage“, verkündete gestern der Sprecher der Stadtverwaltung, Timo Frers. Mergel habe über einen Vermittler mitgeteilt: Wenn die Stadt das 3-Millionen-Kaufangebot vorlege, werde seine Zusage folgen. „Er verkauft an die Stadt Delmenhorst“, versicherte der Sprecher. Alles andere seien „Gerüchte“. Rieger hatte bis zuletzt versichert, er wolle das Hotel übernehmen.

Noch kurz vor der Sondersitzung des Stadtrats am Donnerstag erreichte die Stadt ein Fax von Mergel. Darin drohte der Hotelier erneut einen Abschluss mit Rieger an, falls der Rat unter seiner Forderung bleibe. Der angebliche Finanzplan: Für Mergel ein zinsloses Darlehen in Höhe seiner Verbindlichkeiten und für ihn ein Pacht-Mietvertrag auf 15 Jahre, der in eine Leibrente münden könne.

Die Delmenhorster Stadtvertreter beschlossen wenig später fast einstimmig, den Kauf für bis zu 3 Millionen Euro anzustreben. Gegen diese Summenfixierung stimmte alleine die CDU-Landtagsabgeordnete Annette Schwarz.

Die weiteren Verhandlungen soll der Geschäftsführer der Gemeinnützigen Siedlungsgesellschaft (GSG) führen. Durch die Einbeziehung der GSG will die Stadt drohendem Ärger mit der Kommunalaufsicht vorbeugen. Denn ohne die GSG durfte die Stadt ihr erstes Angebot von 2,5 Millionen Euro nicht erhöhen. Der Grund: Der Verkaufswert des Hotels liegt bei 1,33 Millionen Euro. Laut Verordnung darf die Stadt jedoch nur bis zu 20 Prozent mehr zahlen.

Laut dem Delmenhorster Oberbürgermeister Carsten Schwettmann ist nun mit dem Innenministerium abgesprochen, dass die GSG die fehlenden 500.000 Euro für den Kauf des Gebäudes zuschießt. Die Gesamtsumme setzt sich damit aus 1,6 Millionen Euro Stadtmitteln und rund 920.000 Euro Spendengeld zusammen.

Wochenlang hatten Delmenhorster Initiativen Geld für den „Abwehrkauf“ gesammelt. Dieses „sensationelle bürgerschaftliche Engagement“ habe die Stadt bewogen, „mit ihrem Finanzierungsanteil an die Grenze des Möglichen“ zu gehen, sagte Schwettmann. ANDREAS SPEIT