: Aktivisten fordern Referendum
UKRAINE Prorussische Demonstranten erklären den Bezirk Donezk für unabhängig. Kiew: Kreml bereitet Invasion vor
PREMIER ARSENI JAZENJUK
KIEW/MOSKAU ap/rtr/taz | Prorussische Separatisten haben einem Medienbericht zufolge den Bezirk Donezk im Osten der Ukraine für unabhängig erklärt. Wie die ukrainische Nachrichtenagentur Interfax am Montag berichtete, besetzten Aktivisten in der gleichnamigen Stadt das Gebäude der Regionalverwaltung und forderten für spätestens 11. Mai ein Referendum über die Souveränität der Region, die an Russland grenzt. Die Bedeutung dieser Unabhängigkeitserklärung blieb unklar. Offen ist, wer sie genau trägt, und ob die Aktivisten genügend Rückhalt haben, sie durchzusetzen.
Der russische Internet-TV-Sender Doschd meldete am Montag, dass die Miliz vor der Donezker Gebietsverwaltung die ersten prorussischen Aktivisten festgenommen habe. Bei einem von ihnen seien zwei Klappmesser gefunden worden. Sergej Bogatschow, Sekretär des Donezker Stadtrats, sieht durch die jüngsten Ereignisse die territoriale Integrität der Ukraine nicht gefährdet. Der Schlüssel zum Erhalt der Einheit des Landes liege jedoch in Kiew, sagte er der taz. Kiew dürfe keinen Assoziierungsvertrag mit der EU unterschreiben, solange unklar sei, wie die zu erwartenden wirtschaftlichen Verluste der Ost- und Südukraine ausgeglichen werden können.
Am Morgen hatte das Kiewer Innenministerium mitgeteilt, dass Bewaffnete ein Gebäude des Geheimdiensts in der Stadt Luhansk, rund 25 Kilometer westlich der Grenze zu Russland, eingenommen hätten. Die Polizei wurde in Alarmbereitschaft versetzt und blockierte sämtliche Eingänge zur Stadt.
Eine Gruppe prorussischer Aktivisten war am Sonntag in das Geheimdienstgebäude eingedrungen. Auch in Charkiw und Donezk hatten prorussische Aktivisten Verwaltungsgebäude gestürmt und russische Flaggen gehisst. Als erste Reaktion waren am Montag Innenminister Arsen Awakow und Vizeministerpräsident Witali Jarema nach Charkiw und Donezk gereist, um die Lage zu entschärfen. Awakow hatte am Morgen erklärt, in Charkiw seien alle „Separatisten“ wieder aus dem Sitz der Regionalregierung vertrieben worden.
Der ukrainische Übergangsregierungschef Arseni Jazenjuk warf Russland vor, eine Invasion in sein Land sowie dessen „Zerstückelung“ vorzubereiten. Die jüngsten Unruhen im Osten seien „Teil eines Destabilisierungsplans, damit eine fremde Armee die Grenze überschreitet und in ukrainisches Territorium einmarschiert“, sagte Jazenjuk am Montag auf einer live im Fernsehen übertragenen Kabinettssitzung. „Das Drehbuch ist von der Russischen Föderation geschrieben, und das einzige Ziel ist die Zerstückelung der Ukraine“, sagte Jazenjuk weiter.
Der ukrainische Übergangspräsident Alexander Turschinow kündigte an, dass das Parlament am Dienstag über eine Verschärfung des Gesetzes über Separatismus beraten wolle. Das meldete das ukrainische Internetportal Ukrainska Pravda. „Separatismus und der Einsatz von Waffen gegen den eigenen Staat sind ein Verbrechen“, sagte er.
Bei einem Streit auf der Krim ist ein ukrainischer Soldat von einem russischen Soldaten tödlich verletzt worden. Wie das ukrainische Verteidigungsministerium erklärte, ereignete sich der Vorfall am Sonntag in einem Wohnheim in Nowofedorowka. Der ukrainische Offizier sei von zwei Kugeln getroffen worden. Ein weiterer ukrainischer Offizier sei von russischem Militär festgenommen worden, erklärte das Ministerium weiter. Die Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine berichtete unter Berufung auf Ermittlerkreise, den tödlichen Schüssen sei ein Streit an einem Kontrollposten vorangegangen. Die beiden ukrainischen Soldaten seien betrunken gewesen.
Meinung + Diskussion SEITE 12