Hexen-Protest für bessere Kitas

BETREUUNG ErzieherInnen der Elbkinder-Kita-Vereinigung verlangen einen höheren Personalschlüssel und haben Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) deswegen einen Forderungskatalog übergeben

„Wir brauchen ein Rezept für Arbeitszufriedenheit“

MARINA JACHENHOLZ, ERZIEHERIN UND BETRIEBSRÄTIN

Als Hexen verkleidet hat eine Delegation von ErzieherInnen des städtischen Kita-Trägers Elbkinder am Dienstag an Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) einen Forderungskatalog übergeben. „Wir brauen ein Rezept für Arbeitszufriedenheit“, sagt Betriebsrätin Marina Jachenholz. Die Mitarbeiter sowohl in den Kindergruppen als auch im Hauswirtschaftsbereich seien „in großer Not“, weil der Personalschlüssel zu knapp ist. Die hohe Arbeitsbelastung führe zu einem hohen Krankenstand.

So sei es „keine Seltenheit“, dass eine Erzieherin mit 25 Elementarkindern – so heißen die Drei- bis Sechsjährigen – allein in einer Gruppe ist. Denn der Personalschlüssel von eins zu 12,5 sei zu knapp, der Ausfall wegen Krankheit, Urlaubs und Fortbildung nicht eingerechnet. Noch enger sei die Lage in den Krippen für die bis zu dreijährigen Kinder. Hier empfiehlt die Bertelsmann-Stiftung einen Betreuer für drei Kleinkinder. Hamburg hat aber im Vergleich der westdeutschen Bundesländer mit eins zu 5,2 den schlechtesten Schlüssel. Rechnet man Krankheits- und Urlaubsausfall hinzu, ist der Betreuungsschlüssel real noch schlechter.

Was Jachenholz und ihre Kolleginnen empört, ist, dass sie sich nicht wertgeschätzt fühlen. Denn im Kita-Bereich kann die Stadt mehr Geld ausgeben, wenn der Wille und der politische Druck groß genug sind, das haben die vergangenen zehn Jahre gezeigt, in denen sich der Etat quasi verdoppelte. Der jüngste Brocken ist die Beitragsfreiheit für Eltern für den fünfstündigen Betreuungsplatz, der ab 2015 mit 70 Millionen Euro zu Buche schlägt. CDU-Politiker Christoph de Vries sagt deshalb voraus, dass es für Jahre für Qualitätsverbesserungen „keinen Spielraum mehr gibt“. Dabei sei vielen Eltern eine gute Betreuung wichtiger als Beitragsfreiheit.

Jachenholz und ihre KollegInnen fordern einen Betreuungsschlüssel von ein zu drei in den Krippen und eins zu sieben im Elementarbereich. Real verhandelt wird über diese Fragen in der Vertragskommission zum Kita-Gutscheinsystem, in der Kita-Arbeitgeberverbände mit der Sozialbehörde ringen. Weil der aktuelle „Landesrahmenvertrag“ Ende Dezember ausläuft, wird seit einigen Monaten neu verhandelt. „Wir erwarten, dass Hamburg nach Jahren des quantitativen Ausbaus jetzt auch in Qualität investiert“, sagt Martin Peters vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. Die größte Not herrsche im Krippenbereich. Weil seit Inkrafttreten des Rechtsanspruchs für Einjährige mehr jüngere Kinder kämen, wäre die Arbeit kaum mehr verantwortlich zu schaffen.

Finanziellen Spielraum könnte es doch geben, weil die große Koalition im Bund ein sechs Milliarden schweres „Bildungspaket“ geschnürt hat. Laut Sozialbehörden-Sprecher Marcel Schweitzer ist noch unklar, in welcher Form Hamburg davon profitiert. Die Personalschlüssel sind aus Sicht der Behörde etwas besser, wenn man das Programm „Kita-Plus“ mit einrechnet. Seit 2013 erhalten 281 Kitas in sozial benachteiligten Quartieren eine um 24 Prozent erhöhte Personalausstattung für die drei- bis sechsjährigen Kinder. Allerdings ist dieses Programm bis Ende 2014 befristet. Eine Fortführung „wird aber nicht ausgeschlossen“, sagt Scheeles Sprecher.

Für Jachenholz ist das zu vage. „Es gibt mal eben Beitragsfreiheit von heute auf morgen, und unsere Nöte werden nicht gehört.“ Diese verschiedenen Wertigkeiten, „bekomme ich nicht in den Kopf“.  KAIJA KUTTER