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Archiv-Artikel

Rechte mimen Kuscheltiere

REP-Kader stehen seit gestern wegen angeblich erschlichener Unterschriften vor Gericht

Unsere Unterstützer wollen nicht als solche erkannt werden

DÜSSELDORF taz ■ Für eine „Initiative gegen Kindesmissbrauch“ will die eine unterschrieben haben, ein anderer habe sich „gegen Tierversuche“ einsetzen wollen. Weitere gaben an, sie hätten gar geglaubt, einen „Protest gegen die ‚Republikaner‘“ zu unterzeichnen. Doch tatsächlich leisteten sie ihre Unterstützungsunterschrift für die Kandidatur der „Republikaner“ (REP) zur vergangenen Landtagswahl. Wollen die Betroffenen das heute nur nicht mehr zugeben oder wurden sie von der rechtsradikalen Partei bewusst getäuscht? Diese Frage beschäftigt seit gestern das Düsseldorfer Landgericht.

Angeklagt sind drei Düsseldorfer Kommunalpolitiker der „Republikaner“, darunter auch deren Ratsherr Jürgen Krüger. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Wählertäuschung und Urkundenfälschung in besonders schwerem Fall vor. Sie sollen sich in Düsseldorf, Krefeld und Kaarst in insgesamt 259 Fällen entweder die Unterstützerunterschriften erschlichen oder sie auch bisweilen direkt gefälscht haben.

Laut Staatsanwalt Nikolas Schlachetzki verdeckten die Angeklagten in mehreren Fällen den Kopf der Unterschriftenliste so, dass nicht mehr zu erkennen gewesen sei, dass es sich in Wirklichkeit um einen Wahlvorschlag für die „Republikaner“ gehandelt habe. Im Fall einer Verurteilung reicht der Strafrahmen bis zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe.

„Republikaner“-Funktionär Krüger sprach zu Prozessbeginn von einer „Farce“. Das Verfahren sei „politisch motiviert“. Schließlich belegten alle Umfragen, „dass Unterstützer rechter Parteien nicht als solche erkannt werden wollen“. Dies erkläre auch die zahlreichen Aussagen, gar nicht bewusst für die „Republikaner“ unterschrieben zu haben, zumal wiederholt Zeugen von den Ermittlungsbehörden „in eine bestimmte Richtung gedrängt“ worden seien.

So sieht es auch Krügers Anwalt Andreas Maase. Er hält die Anklage der Staatsanwaltschaft für äußerst dünn. Es handele sich offensichtlich um Schutzbehauptungen der Zeugen, die sich an die Öffentlichkeit gezerrt sähen. „Dieses Strafverfahren ist ein untauglicher Ansatz, um den politischen Kampf gegen rechts auf die juristische Bühne zu ziehen“, sagte Maase, der Mitglied der baden-württembergischen Grünen ist, der taz. Tatsache ist, dass die „Republikaner“ heute auch in Nordrhein-Westfalen nur noch ein kümmerliches Häuflein ohne nennenswerte personelle Basis darstellen. So verlangte die Kandidatur zur vergangenen Landtagswahl der Partei einen enormen Kraftakt ab, den sie offenbar nicht immer mit legalen Mitteln bewältigen konnte. Jedenfalls häuften sich im Vorfeld der Wahl im Mai 2005 – bei der die strammen Rechtsausleger mit nur 0,8 Prozent der Stimmen knapp hinter der NPD landeten – beinahe flächendeckend die Hinweise, die „Republikaner“ hätten bei ihren Unterstützerunterschriftensammlungen kräftig gepfuscht.

Das Düsseldorfer ist denn auch nur eines von zahlreichen ähnlich gelagerten Verfahren. So leitete die Staatsanwaltschaft unter anderem auch in Aachen, Dortmund, Mülheim an der Ruhr, Dinslaken und im sauerländischen Meschede Verfahren gegen Funktionäre der Partei ein. Der Düsseldorfer Prozess kann sich hinziehen. Zunächst ist er auf elf Verhandlungstage bis Mitte Dezember angesetzt, doch der Vorsitzende Richter Rudolf Wolff sucht bereits jetzt nach Terminen im kommenden Jahr. Zwanzig Zeugen sollen pro Verhandlungstag vernommen werden. PASCAL BEUCKER