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Archiv-Artikel

Verfassungsklage gegen EEG-Reform

ENERGIE Das neue Ökostrom-Gesetz ist noch nicht vom Bundestag verabschiedet, da wird schon mit einer Verfassungsklage wegen Vorteilen für die Industrie gedroht. Brüssel verzichtet wohl auf Rückzahlungen

BERLIN/BRÜSSEL dpa | Verbraucherschützer und Solarbranche wollen gegen die Ökostrom-Reform der Bundesregierung vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Es gebe erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass die geplante Abgabe für Supermärkte oder größere Privathaushalte, die sich selbst mit Solarstrom versorgen, gegen das Grundgesetz verstoße, so die Verbraucherschützer. Dies wird unter Verweis auf ein Rechtsgutachten betont, das am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde. Kritisiert wird, dass Industriefirmen, die sich selbst mit Strom versorgen, weniger stark belastet werden. Dies verstoße gegen das im Grundgesetz festgeschriebene Recht auf Gleichbehandlung.

Während für Solar-Eigenstrom für Privathaushalte und Gewerbe künftig die halbe EEG-Umlage, also gut 3 Cent je Kilowattstunde, erhoben werden soll, ist bei neuen Kraftwerken, über die sich Industrieunternehmen mit Strom selbst versorgen, nur eine Abgabe von knapp 1 Cent geplant.

Holger Krawinkel von der Verbraucherzentrale Bundesverband und der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft, Carsten Körnig, kritisierten, dass große Teile der Industrie weiterhin von der Energiewende-Finanzierung befreit würden. „Wer mit Solarstrom die Umwelt entlastet, wird dagegen zur Kasse gebeten“, kritisiert Körnig.

Für die energieintensive Industrie zeichnet sich unterdessen eine weitreichende Befreiung von der Finanzierung der Energiewende ab. Nachdem Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) bereits am Dienstag auch für die Zukunft umfangreiche Ausnahmen in Aussicht gestellt hatte, gab am Mittwoch auch die EU-Kommission Entwarnung: Die deutsche Industrie wird wohl um massive Rückzahlungen der gewährten Ökostromrabatte herumkommen.

Das stellte EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia am Mittwoch in Brüssel bei der Präsentation neuer Leitlinien für staatliche Beihilfen im Energiesektor in Aussicht. Die EU-Behörde werde anhand dieser Kriterien die Rabatte für energieintensive Branchen in Deutschland in den vergangenen zwei Jahren prüfen: „Der damit vereinbare Teil ist unproblematisch. Der Teil, der damit nicht vereinbar ist, wird zurückgefordert werden.“ Experten gehen davon aus, dass die befürchteten milliardenschweren Rückzahlungen für die Industrie damit vom Tisch sind.

Nach den neuen Vorgaben der Kommission können Firmen aus 68 Branchen bei der EEG-Umlage begünstigt werden; das sind 3 mehr als zunächst angekündigt. Auf Druck von Deutschland sind zudem Ausnahmen auch für andere energieintensive Unternehmen und alle bisher begünstigten Firmen möglich.